ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 306 - 20.2.1998

Ralf Risser, Karin Ausserer: "Non-Profit Marketing". Ein neuer Weg zur Förderung des städtischen Radfahrens

EU-Marketingstudie empfiehlt Steuerermäßigungen und Sonderurlaub für Radfahrer

Wichtigstes Ergebnis

Bürgerorganisationen sollten ihre Kampagnen nach den selben Grundsätzen gestalten wie Wirtschaftsbetriebe. Um den Radverkehr zu fördern und kurze Autofahrten zu ersetzen, sollte ihr Marketing neben der Verbreitung geeigneter Informationen darauf abzielen, daß geeignete Produkte (z.B. für die persönliche Ausstattung der Radfahrer: gut ausgestattete Fahrräder und attraktive Radwege) angeboten werden und mehr Anreize zum Radfahren geschaffen werden (z.B. Steuerermäßigungen und Sonderurlaub für Radfahrer).

Zum Inhalt

Im EU-Forschungsprojekt WALCYNG sollte herausgefunden werden, wie das Zufußgehen und Radfahren gefördert werden kann, um kurze Autofahrten zu ersetzen. Aufbauend auf dem Konzept des Non-Profit Marketing, das ist die Planung, Organisation, Einführung und Bewertung von Marketing-Strategien und Marketing-Aktivitäten nicht erwerbswirtschaftlich orientierter Organisationen zur Lösung von sozialen Problemen, werden zur Verkehrsverlagerung die selben Schritte empfohlen wie beim kommerziellen Marketing, nämlich Informationspolitik, Produkt- und Vertriebspolitik, Kommunikationspolitik und Anreiz- und Preispolitik.

Verkehrsverlagerungen sollen durch die Gestaltung der physischen Rahmenbedingungen (Produktpolitik), durch Veränderungen des Images (Kommunikationspolitik zur Verbesserung des Fahrradimages), durch Anreize für die Straßenbenutzer, die noch nicht zu Fuß gehen oder radfahren (Anreizpolitik) und durch eine umfassende Informationspolitik erreicht werden.

Im Rahmen der Informationspolitik muß vor allem verbreitet werden, daß viele Autofahrten kurz genug sind, um aufs Fahrrad verlagert zu werden. Fast 50% aller Autofahrten in Europa sind kürzer sind als 5 km. Die Schwachstellen der Radverkehrsangebote betreffen vor allem das soziale Klima (niedriger Status des Radfahrens), die erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen, schlechte Infrastruktur, mangelnde Sicherheit, fehlende Radverkehrsnetze, häßliche Radverkehrsverbindungen und - im Vergleich zum Auto - das Fehlen finanzieller Anreize.

Die Empfehlungen betreffen vier Arten von Ausstattungsangeboten : persönliche Produkte (z.B. passende Kleidung, geeignete Rucksäcke), gute Fahrzeuge (z.B. richtig ausgestattete Fahrräder / Zubehör), die Straßen- und Infrastruktur (attraktive, dichte Radverkehrsnetze mit umwegfreien Verbindungen und Serviceeinrichtungen unterwegs) und gesellschaftliche Aspekte (öffentliche Wertschätzung des Radfahrens).

Für den Berufsverkehr werden beispielsweise Anreize auf drei Ebenen empfohlen: vom Staat an Unternehmen, (z.B. Steuerermäßigungen für die Förderung der Fahrradnutzung), vom Staat an die Bürger (z.B. Steuererstattungen und Kampagnen wie "Radfahrer des Monats"), und von öffentlichen und privaten Unternehmen an ihre Beschäftigten (z.B. eine Fahradlotterie oder Sonderurlaubstage, weil Radfahrer gesünder sind).

Im Rahmen der Kommunikation wird außerdem empfohlen, Politiker, Forscher und Planer, die sich mit der Fahrradförderung beschäftigen, auf Hemmnisse und die strukturellen und persönlichen Schwierigkeiten vorzubereiten, die sich bei der Fahrradförderung ergeben. Die an die Lobbyarbeit gerichteten Empfehlungen betreffen die Frage, welche Positionen zweckmäßigerweise vertreten werden sollten, und welche Aktivitäten für Lobby-Gruppen erfolgversprechend sind.

Quelle

"Non-Profit Marketing". A new way to promote urban bicycling exemplified on the EU-Project WALCYNG, von Ralf Risser und Karin Ausserer. Vortrag auf der Velocity-Konferenz Barcelona zum Forschungsvorhaben "How to replace short car trips with WALking and CYcliNG - and make these modes safer" im 4. EU-Rahmenprogramm, in: Proceedings 10th International Bicycle Planning Conference Velo City, Barcelona, 15-19.9.1997 Amics de la Bici, C/ Demostenes, 19, E-08028 Barcelona, Spanien

Autoren

Dr. Ralf Risser; Mag. Karin Ausserer; FAKTUM Sozial- und Wirtschaftsanalysen, Danhausergasse 6/8, A-1040 Wien, Tel. +43-1-5041546; Fax. 504 1548.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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