ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 305 - 6.2.98

Hans-Jürgen Ulbert: Kartographische Radwegweisung - Konzepte und Empfehlungen für Radverkehrskarten

Sind Radwanderkarten realitätsfremd?

Wichtigstes Ergebnis

Radwanderkarten enthalten im Vergleich mit der Realität sehr oft schwerwiegende Darstellungsfehler. Darüber hinaus wird ein und dieselbe Örtlichkeit in verschiedenen Kartenwerken oder verschiedenen Blättern desselben Kartenwerks z. T. völlig unterschiedlich dargestellt. Um den Radfahrern brauchbare Orientierungshilfen zu geben, wird eine standardisierte Zeichenerklärung für Radverkehrskarten benötigt.

Zum Inhalt

Der Autor entwickelt zunächst allgemeine Anforderungen an Radverkehrskarten aus Nutzersicht und typisiert die Karten anhand verschiedener Nutzerprofile in Radstadtpläne (Maßstab 1:10 000 bis 1:20 000), Radwanderkarten (1:25 000 bis 1:75 000) und Radtourenkarten (1:100 000 u. kleiner). Weiterhin werden die Anforderungen an freizeitorientierte Radverkehrsnetze und optimierte Radwegweisungen in Kurzform dargestellt.

Die an sich wünschenswerte Verdichtung der Radverkehrsnetze ergibt viele Kreuzungen und Überlagerungen von Routen und eine verwirrende Wegweiservielfalt, so daß Karten als zusätzliche Orientierungshilfe unumgänglich werden. Ein spezielles Problem sind Änderungen von Wegweisung und Kartendarstellung an Verwaltungsgrenzen.

Der Autor fordert absolute Übereinstimmung der Radverkehrsinformation in der Karte mit der Geländesituation, auch in bezug auf die Radwegweisung.

Um vorhandene Radkartenwerke hinsichtlich dieser Forderungen zu prüfen, wurde ein Gebiet in Nordrhein-Westfalen ausgewählt, das auf fünf verschiedenen Radkarten dargestellt ist: Deutsche Radtourenkarte 1:100 000 (Haupka-Verlag), ADFC-RTK 150 (BVA), Radwander- u. Freizeitkarte 1:50 000 (Landesvermessungsamt NRW), Radwanderkarte 1:50 000 (Kommunalverband Ruhrgebiet), Rad- und Wanderkarte 1:50 000 (RV Verlag). Zehn nach vorgegebenen Kriterien gewählte Geländepunkte wurden auf Übereinstimmung von Kartendarstellung und Natursituation in bezug auf Straßen-/Wegenetz und Radverkehrswegweisung geprüft.

Im Ergebnis stimmten die Karten beim Straßen- und Wegenetz wesentlich besser mit der Natur überein (76% völlige Übereinstimmung) als bei der Darstellung der Wegweisung (10%). Beim Straßennetz nimmt die Übereinstimmung mit kleiner werdendem Maßstab ab, während kein Zusammenhang von Maßstab und Exaktheit der Wegweisungsdarstellung sichtbar ist. Die Deutsche Radtourenkarte fällt aus dem Rahmen, da die Darstellung der Radwegweisung im Konzept dieser Karte fehlt (wird als "0% Übereinstimmung" interpretiert).

Auf Grund des großen Umfangs an Fehlinformation in den Karten (24% beim Straßennetz, 90% bei der Wegweisung) erachtet der Autor den Entwurfsprozeß der Karten als unzureichend.

Nach einer Übersicht über Aufgabe, Bedeutung und Anforderungen an eine kartographische Zeichenerklärung entwickelt der Autor anhand eines kommunikationstheoretischen Ansatzes Anforderungen an Entwurf und Zeichenschlüssel radorientierter Karten:

- gleiche Symbole mit gleichen Inhalten in den drei Radkartentypen, Dichte richtet sich nach dem Maßstab - einheitliche Symbolik innerhalb verschiedener Blätter eines Kartenwerks und bei verschiedenen Kartenwerken (die sich dann nur durch Kartengrundlage und thematische Besonderheiten unterscheiden würden) - absolute Übereinstimmung von Karte und Geländesituation - keine Änderung des Zeichenschlüssels an Verwaltungsgrenzen (bedingt eine einheitliche Markierung der Radwege über diese Grenzen hinweg)

Daraus entstehen zwei Beispiele für radorientierte Musterlegenden (ROM) und ein kartographisches Musterbuch, in dem Kartenbeispiele in den Maßstäben 1:20 000, 1:50 000 und 1:150 000 vorgestellt werden. Dieses liegt als ILS-Schrift 119 vor.

Abschließend betrachtet der Autor zahlreiche Zukunftsaspekte der radorientierten Kartographie, wobei auch wieder Wert auf absolute Vereinheitlichung der Karteninhalte unabhängig von Maßstab, Kartenherausgeber und -hersteller gelegt wird. Als ersten Schritt in diese Richtung wird das Kartenwerk "Freizeitkarte 1:50 000 mit Wander- und Radwanderwegen", herausgegeben vom LVA Nordrhein-Westfalen, bezeichnet. Es soll 1998 flächendeckend für NRW vorliegen und vorerst die speziell entwickelten Radkartenwerke ergänzen.

Artikel

Hans-Jürgen Ulbert: Kartographische Radwegweisung - Konzepte und Empfehlungen für Radverkehrskarten, ILS-Monatsbericht 2/1997 des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Überblick über die Projektergebnisse (25 Seiten) mit Literaturüberblick. Die vollständigen Ergebnisse sind veröffentlicht in: ILS-Schrift 119 (ISBN 3-8176-6119-3), Bezug beim ILS oder über den Buchhandel (25,- DM).

Kontakt

Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen, Forschungsbereich Verkehr, Königswall 38-40, D-44137 Dortmund Tel.: 02 31/90 51-0, Fax: 02 31/90 51-1 55, Email: ils.do@t-online.de


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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