ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 299 - 3.10.97

BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR:

FAHRRAD UND ÖPNV/BIKE & RIDE - EMPFEHLUNGEN ZUR ATTRAKTIVITÄTSSTEIGERUNG DES FAHRRADEINSATZES FÜR ZU- UND ABBRINGERFAHRTEN SOWIE FAHRRADMITNAHME IM ÖPNV


Sorgfältige Bike & Ride-Planung erschließt brachliegendes Nutzerpotential für den Umweltverbund

Wichtigstes Ergebnis

Bike & Ride-Nutzung führt vielerorts zu mit Pkw-Nutzung konkurrenzfähigen Reisezeiten. Bike & Ride stellt jedoch bestimmte Anforderungen an die Stadt- bzw. Regionalstruktur, Struktur des ÖPNV- und Radverkehrsnetzes. Erst nach quantitativer Ermittlung des Bike & Ride-Potentials anhand dieser Kriterien ist die Infrastruktur zu planen. Liegt die aktuelle B&R-Nachfrage unter dem Potential, werden zunächst erweiterbare Grundlösungen benötigt.

Zum Inhalt

"Bike & Ride" im Sinne der Veröffentlichung sind alle Verknüpfungsvarianten von Radverkehr und ÖPNV: Radparken an Bahnhöfen/Haltestellen, Radmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln, Radvermietung am Bahnhof.

Grundvoraussetzung ist ein Haupttransportmittel, das Entfernungen oberhalb der Fahrrad-Reichweite und -Fahrzeit überwindet: Regional-, S-, U-, Stadtbahnen, Schnell- und Regionalbusse. Entwicklungsmöglichkeiten liegen vorrangig im Umfeld von Großstädten und internen Verkehr großer Stadtregionen mit Reise-weiten > 10 km sowie bei der Anbindung stark nachgefragter Erholungsgebiete. Durch Ausbau der Schnellbahnnetze in Ballungsräumen, stetige Zunahme der Weglängen und allgemeinen Anstieg der Fahrradnutzung wächst dieser Verkehrs-markt. Dabei gewinnt der ÖPNV neue Kunden: Radnutzung als Zubringer versechsfacht das Einzugsgebiet einer Haltestelle. Geringe B&R-Potentiale bestehen bei hoher Haltestellendichte des ÖPNV oder geringer Bevölkerungsdichte.

Männliche und weibliche Personen nutzen B&R etwa gleich häufig, am stärksten im Alter zwischen 14 und 35 Jahren. 80 bis 90% der B&R-Fahrten dienen den Verkehrszwecken Arbeit und Ausbildung. Hoher Motorisierungsgrad der Bevöl-kerung und schlechtes Wetter hemmen kaum die werktägliche B&R-Nutzung. Bei den Nichtnutzern besteht ein deutliches Informationsdefizit.

40-50% der Nutzer wünschen bewachtes Radparken an der Haltestelle (Zah-lungsbereitschaft etwa 1 bis 1,50 DM/Tag bzw. 15 DM/Monat), ca. 1/3 der Nutzer eine Gepäckaufbewahrungsmöglichkeit (Einschließenvon Radhelm und Regenkleidung). 10% der Vortransport- und 23% der Nachtransportnutzer würden einen Reparaturservice nutzen.

Die technischen Möglichkeiten zum Radparken gliedern sich folgendermaßen:

Diebstahlsichere Fahrradhalter für Standorte mit geringer B&R-Nachfrage, Kosten bei 800 bis 1500 DM/Stellplatz.

Unbewachtes Fahrradparkhaus für Standorte mit 200 bis 1000 geparkten Fahrrädern, Kosten bei 200 bis 400 DM/Stellplatz zzgl. Gebäudeausbau.

Fahrradboxen: Ergänzungsangebot bei kleiner bis mittlerer B&R-Nachfrage, Kosten bei 1000 bis 2000 DM/Stellplatz.

Automatisches Radparken: personal- und flächensparend, technisch aufwendig; für Standorte mit 100 bis 500 B&R-Nutzern; Entwicklung noch stark im Fluß.

Fahrradwache (Radparken unter ständiger Aufsicht): geringer Infrastruktur- und hoher Personalaufwand. Einsatz nur in örtlichen Sonderfällen.

Fahrradservice-Station (Radparken, dazu fahrradbezogene Serviceleistungen mit eingeschränkter Öffnungszeit) bei starker Service-Nachfrage und Kombinations-möglichkeit mit anderen Dienstleistungen

Fahrradstation (alle Dienstleistungen rund um's Fahrrad praktisch "rund um die Uhr", Zusatznutzungen wie Radhandel, -kurier, Vereinsgeschäftsstelle): ab ca. 1000 benötigten Stellplätzen, kaufmännisch tragfähiges Betriebskonzept nötig.

Bei der Radmitnahme im Verkehrsmittel entscheidet der Mitnahmekomfort über die Akzeptanz: Kapazität im Fahrzeug, Aufwand beim Ein- und Ausladen der Räder. Tarife und Mitnahmeregelungen wirken erst in zweiter Linie begrenzend. Deshalb sollen neue ÖPNV-Fahrzeuge grundsätzlich Stellraum für Fahrräder haben, am besten in Form von Mehrzweckräumen. Die Lenkung der Nachfrage geschieht besser über das Tarifsystem als durch Ausschlußzeiten.

Marktchancen für Mieträder liegen zumeist in der Radnutzung im Urlaub/Kurz- urlaub. Vorrangige Anforderungen sind hohe Qualität der Räder, Angebote von Kindersitzen und -rädern, Ausleihe/Abgabe der Räder an unterschiedlichen Bahnhöfen und offensive Vermarktungsstrategie.

B&R muß langfristig finanziert werden. Förderung ist über das GVFG, Städtebaufördermittel, Sonderprogramme der Länder, Mittel der Bundesanstalt für Arbeit und ggf. Stellplatzablösemittel möglich. Probleme bereiten geringe zu-schußfähige Kosten und Befristung von Förderungen. Bewachtes Fahrradparken ist in den Niederlanden bei mindestens 1000 bis 2000 Radstellplätzen kostendeckend. Radvermietung deckt z. Z. nur im Freizeitbereich die Kosten (Erlös 10 bis 20 DM pro Tag und Rad). Ansonsten sind, z. B. bei Fahrradstationen, Zuschüsse aus kostendeckenden Betriebszweigen notwendig.

Im Vergleich zu Park & Ride-Stellplätzen sind Bike & Ride-Anlagen preiswert und sparen Kosten, wenn P&R wenigstens z. T. durch B&R ersetzbar ist. P&R-Anlagen kosten mit ca. 7000 bis >21 000 DM je Fahrzeugstellplatz rund das Zehnfache unbewachter B&R-Anlagen..

Weiterhin enthält die Veröffentlichung Fallbeispiele, Hinweise auf Anforderungen an Träger und Betreiber von B & R, Bewertungsmatrizen zur Variantenaus-wahl und Marketinghinweise. Über 20 Anbieter von Fahrradparkanlagen stellen sich im Anzeigenteil vor.

Artikel

Fahrrad und ÖPNV/Bike & Ride- Empfehlungen zur Attraktivitätssteigerung des Fahrradeinsatzes für Zu- und Abbringerfahrten sowie Fahrradmitnahme im ÖPNV. Bearb.: Gwiasda, P./Fromberg, A./Hoevel, R./Krüger, S./Neumann, U., Planungsbüro ViA eG Köln.

Kontakt

Peter Gwiasda, Planungsbüro ViA eG, Marspfortengasse 6, 50667 Köln,
Tel. (02 21) 2 57 10 76, Fax (02 21) 2 57 10 79

Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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