ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 290 - 21.3.1997

TILMAN BRACHER; BORIS KRUEGER; JöRG THIEMANN-LINDEN:

FREIZEITVERKEHR MIT SPNV UND FAHRRAD


Ein fahrradtouristisches Kernnetz für den Regionalen Bahnverkehr!
Wichtigstes Ergebnis Die Förderung von kombinierten Fahrten mit Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und Fahrrad in der Freizeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Tourismusanbietern, Verkehrsunternehmen, Gebietskörperschaften und örtlichen Bürgerorganisationen. Für den SPNV wird ein fahrradtouristisches Kernnetz empfohlen, das die in die Ausflugsgebiete führenden Strecken bzw. Linien umfaßt und mit Fahrzeugen bedient wird, die eine hohe Mitnahmekapazität aufweisen.
Zum Inhalt
In S-Bahnen und Regionalzügen wurden 1996 im Berliner Umland nach einem im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellten Forschungsbericht mehr Fahrräder mitgenommen als in allen bekannten Vergleichsregionen. Günstige Rahmenbedingungen der Untersuchungsregion sind der integrierte Tarif für Dauerkunden (Umweltzeitkarte mit Fahrradmitnahme und Geltungsbereich für das Gesamtnetz Berlins und im Umland), der Verzicht auf "Sperrzeiten" im Berufsverkehr, die hohe Mitnahmekapazität der vorhandenen Fahrzeuge, und ein fahrradfreundliches Klima bei Anbietern und Kunden des SPNV.

Im Durchschnitt werden werktags im Berufs- und Ausbidlungsverkehr mehr Fahrräder in der S-Bahn mitgenommen als am Wochenende. Die höchsten Tageswerte werden an schönen Ausflugssonntagen im Sommer erreicht (Sonntagnachmittag). Im Winterquartal werden täglich nur ca. ein Viertel soviel Fahrräder mitgenommen als im Sommerquartal.

Insgesamt nehmen in Berlin und im Umland jährlich 11,5 Mio. Fahrgäste ein Fahrrad in der S-Bahn mit (32.000/Tag), und 0,5 Mio. Fahrgäste in RE-/RB-Zügen (1.400/Tag). Das ist jeder 26. SPNV-Fahrgast. Allerdings spielen Regionalexpress und Regionalbahnlinien im Vergleich zur S-Bahn aufgrund der Siedlungsstruktur und der erst vor sechs Jahren beendeten Teilung der Stadt nur eine untergeordnete Rolle.

Immerhin 90% der befragten Personen, die ihr Fahrrad im SPNV an einem Werktag mitgenommen hatten, hatten keinen Pkw im Haushalt; am Wochenende war dieser Anteil geringer. Fahrradausflüge beginnen und enden häufig an unterschiedlichen SPNV-Bahnhöfen; die durchschnittliche Länge von Radtouren beträgt 21 km.

Szenarienrechnungen lassen bis zum Jahr 2010 bei einer fahrradfreundlichen Entwicklung der Infrastruktur und des Fahrradklimas in der Region Berlin und des SPNV-Angebots eine Verdreifachung der Nachfrage nach Fahrradmitnahme erwarten.

Für bestimmte Teile des Radverkehrs sind verbesserte Möglichkeiten zum Fahrradparken und bessere, für Langstrecken geeignete, Fahrradrouten Alternativen zur Fahrradmitnahme, die ausgebaut werden sollten, um den Nachfragezuwachs im SPNV zu begrenzen. An den Abfahrts- und Zielbahnhöfen sollten bewachte oder abschließbare und überdachte Abstellanlagen eingerichtet werden, am Zielort ggf. auch Leih- oder Mietfahrräder, z.B. angeboten durch den Arbeitgeber.

Für den Ausflugsverkehr wird ein fahrradtouristisches Kernnetz vorgeschlagen, das die in die Ausflugsgebiete führenden Strecken bzw. Linien umfaßt und mit Fahrzeugen bedient wird, die eine hohe Mitnahmekapazität aufweisen. Mehrzweckabteile bieten bei den punktuellen Nachfragespitzen der Fahrradmitnahme hohe Mitnahmekapazitäten, die zu anderen Zeiten flexibel von anderen Kundengruppen genutzt werden können und deshalb im Gegensatz zu Gepäckwagen keinen Leerraum darstellen. Das beste zur Fahrradmitnahme geeignete Fahrzeug im gegenwärtigen Wagenpark ist ein modernisierter Doppelstockniederflurwagen mit zwei Mehrzweckabteilen.

Im Tarifsystem wird für die Dauerkunden des SPNV ein großflächig und auch für die Fahrradmitnahme geltendes Zeitkartenangebot empfohlen (Jahresnetzkarte), während für Gelegenheitsnutzer eine Fahrradtageskarte vorgeschlagen wird sowie ein entsprechendes Ausflugsticket für eine oder mehrere Personen (Gruppenkarte), das ggf. mit vorhandenen Tarifangeboten (z.B. BahnCard) kombinierbar ist..

Untersuchung
"Freizeitverkehr mit SPNV und Fahrrad" von Tilman Bracher; Boris von Krueger; Jörg Thiemann-Linden, IVU - Gesellschaft für Informatik, Verkehrs- und Umweltplanung mbH, Forschungsvorhaben FE 70476/95 des Bundesministerium für Verkehr, Berlin 1996. Schlußbericht und Leitfaden. Als Manuskript beim Bundesminister für Verkehr.
Anschrift
IVU - Gesellschaft für Informatik, Verkehrs- und Umweltplanung mbH, Bundesallee 88, D-12161 Berlin, Tel +49 30 85906-0.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


Webtechnik: Heiner.Schorn@informatik.umu.se   FDF-HomePage http://www-2.informatik.umu.se/adfc/fdf/