ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 289 - 7.3.97

H. Hautzinger, R. Hamacher, B. Tassaux-Becker: Verkehrsmobilität in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre


In den alten Bundesländern werden pro Jahr 16.6 Milliarden Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt
Wichtigstes Ergebnis
Pro Person und Tag wurden 1991 in den alten Bundesländern im Durchschnitt 800 Meter mit dem Fahrrad zurückgelegt bzw. fünf Minuten lang Radgefahren.
Zum Inhalt
Für Ostdeutschland wurden die Daten zweier Erhebungen (KONTIV 89 und SrV-Daten von 91) zum Fahrradbesitz und zur Verkehrsmittelwahl ausgewertet. Danach besitzen in den östlichen Bundesländern etwa zwei Drittel aller Haushalte in Städten mit über 20.000 Einwohnern ein Fahrrad. Vor allem Haushalte mit mehr als vier Personen weisen mit 90% einen hohen Fahrradbestand auf. Insgesamt kommen auf drei Haushalte vier Fahrräder. Bei Einzelhaushalten liegt dieser Anteil mit 40% dagegen sehr niedrig. In Berlin besitzen 61% der Haushalte mindestens ein Fahrrad, während es in anderen Städten 70% sind.

Der Besitz von Fahrrädern sagt jedoch nichts über deren Nutzung aus. So wird das Fahrrad an einem durchschnittlichen Tag lediglich von 10% der Bevölkerung genutzt.

Kaum Unterschiede bei der Nutzung des Fahrrades gibt es zwischen Männern und Frauen, anders als bei der Nutzung anderer Verkehrsmittel. Lediglich bei Heranwachsenden im Alter von zehn bis 17 Jahren sind die Unterschiede signifikant: hier dominiert der Anteil der Jungen vor dem der Mädchen, ebenso nutzen Männer ab 65 Jahren das Fahrrad dreimal häufiger als gleichaltrige Frauen.

Über alle Altersklassen betrachtet verwischen sich diese Unterschiede. Demnach sind Männer mit 33% häufiger Nutzer von PKWs und Krafträdern als Frauen (7%), die einen höheren Anteil v.a. an der Kombination ÖV und Fußweg aufweisen, aber mit 24% einen deutlich hohen Anteil als PKW-Mitfahrerin aufweisen (Männer 12%).

Personen mit PKW-Besitz, egal welchen Geschlechts, weisen mit einer Aktivitätenhäufigkeit von 2,4 (Durchschnitt 2,0) und einer täglichen Wegehäufigkeit von 4,0 (Durchschnitt 3,5) insgesamt ein höheres Mobilitätsniveau auf (Bild 16), wobei das eigene Auto am häufigsten genutzt wird (siehe Tab. 48). Anhand dieser Zahlen lassen sich jedoch keine Rückschlüsse ziehen, ob die überdurchschnittlich hohe Nutzung des Autos bei seltenerer Nichtnutzung anderer Verkehrsmittelarten auf den Besitz des PKWs zurückzuführen ist oder umgekehrt die Anschaffung eines PKWs die Folge höherer Mobilitätsbedürfnisse darstellt.

Ein weiterer Erklärungsansatz für die Verkehrsmittelwahl v.a. von Männern, die bevorzugt auf den PKW zurückgreifen, sind die Zielpunkte ihrer Aktivitäten, die meist weiter entfernt liegen als die Ziele von Frauen, deren Aktivitäten sich meist im engeren Umfeld befinden, welche zu Fuß bzw. mit dem Rad eher bzw. zeitlich genausogut erreichbar sind.

Insgesamt ist die Nutzung des Fahrrades in den neuen Bundesländern zum Zweck des Einkaufens oder im Ausbildungsverkehr eher niedrig, auch ist dessen Nutzung relativ unabhängig von Wochentag und Zweck.

In den neuen Bundesländern wird der Öffentliche Verkehr (ÖV) häufiger genutzt sld in frn alten und auch häufiger zu Fuß gegangen. Der ÖV wird in den größeren Städten mit entsprechenden Angeboten (Takthäufigkeit etc.) häufiger genutzt, meist zuungunsten des Rad- und Fußverkehrs. Bei Städten unter 100.000 Einwohnern ist der Anteil des Radverkehrs mit 13% deutlich unter dem der Fußwege (39%).

Für Westdeutschland wurden die KONTIV-Erhebungen von 1989 ausgewertet. Demnach werden in den westlichen Bundesländern Radfahrten zeitlich genauso lange durchgeführt wie Fußwege, jedoch ist die dabei zurückgelegte Wegstrecke doppelt so lang.

70% aller Radfahrten enden nach drei Kilometern, 68% innerhalb von 15 Minuten und 89% innerhalb einer halben Stunde. In der Freizeit dauern die Fahrten mit dem Fahrrad 60% länger als zu Einkaufs- und Servicezwecken. Hinzu kommt neben der zeitlich längeren Nutzung im Freizeitverkehr die längere Distanz als auch eine höhere Geschwindigkeit, was sich wohl aus der Tatsache erklären läßt, daß die Durchschnittsgeschwindigkeit im Werktagsverkehr aufgrund mehrerer Ziele und häufigerem Einsatz geringer ist.

Weitere Ergebnisse dieser Untersuchung sind die größere Länge von Radverkehrsstrecken in Groß- und Oberzentren. Pro Person und Tag werden im statistischen Mittel knapp 800 m mit einem Fahrrad gefahren bzw. das Fahrrad in einem Zeitraum von fünf Minuten täglich genutzt. Hier halten vor allem männliche Jugendliche im Alter von 15 bis 21 Jahren die höchsten Werte (Tab. 71).

In einer weiteren Tabelle (Nr. 73) fallen die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Fahrradnutzung auf. Frauen zwischen 21 und 70 Jahren benutzen das Fahrrad häufiger als Männer, was sich u.a. wohl dadurch erklären läßt, daß Männer das (eigene) Auto sehr viel häufiger benutzen als Frauen.

Untersuchungen
Heinz Hautzinger, Brigitte Tassaux-Becker: Mobilität der ostdeutschen Wohnbevölkerung, Verkehrsmobilität in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre, Band 1, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 36

Heinz Hautzinger, Ralf Hamacher, Brigitte Tassaux-Becker: Mobilität der westdeutschen Wohnbevölkerung, Verkehrsmobilität in Deutschland zu Beginn der 90er Jahre, Band 2, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 55

Bezugsquelle

Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Postfach 101110, 27511 Bremerhaven


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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