ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 288 - 21.2.97

Stadt Münster / Planungsgemeinschaft Verkehr: Optimierung für den Radverkehr an Lichtsignalanlagen

"Ungerechte" Signalschaltungen finden bei Radlern keine Akzeptanz und sind unfallfördernd

Wichtigstes Ergebnis
Nur einheitliche, verständliche und sinnfällige Lichtsignalanlagen finden bei Radlern Akzeptanz und erhöhen die Verkehrssicherheit. Schaltungen, die Radfahrer in Form von kürzeren Grünzeiten benachteiligen, provozieren Regelverstöße und können deshalb unfallfördernd sein. Die geradlinige Führung der Radwegefurt über Kreuzungen trägt zur Funktionalität und damit zur Verkehrssicherheit von Lichtsignalanlagen bei.
Zum Inhalt
Die Untersuchung, welche durch die Planungsgemeinschaft Verkehr PGV (Hannover) im Auftrag der Stadt Münster durchgeführt wurde, stützt sich im Wesentlichen auf die Auswertung von Videoaufzeichnungen an mehreren Kreuzungen mit unterschiedlichsten Formen der Radverkehrssignalisierung im Stadtgebiet von Münster. Grundsätzlich gibt drei Grundformen der Signalisierung für Radfahrer: mit dem Kfz-Verkehr, mit eigenem Radfahrersignalen oder mit den Fußgängern. Die Studie hat außerdem signalisierte und unsignaliserte Radfahrerschleusen zum direkten Linksabbiegen besonders untersucht.

Die Variationsbreite der Anlagen ist bereits in einer einzigen Stadt verwirrend, wie die Bestandanalyse ergab. Dabei hat sich die Einheitlichkeit und leichte Verständlichkeit von Kreuzungen als wichtiges Merkmal herausgestellt - was nicht Verstanden wird, kann auch nicht beachtet werden.

Eine Benachteiligung von Radfahrern gegenüber dem Kfz-Verkehr aus Gründen der Leistungsfähigkeit, d.h. eine Verringerung der Grünzeiten (mehr als die längere Räumzeit des Radfahrers erforderlich macht) fördert Rotlichtverstöße bei Radfahrern, wobei der einzelne Verkehrsteilnehmer nicht zwischen dem Zeitraum der Benachteiligung und der unbedingt notwendigen Räumzeit unterscheiden kann. Im ungünstigsten Fall geraten Radfahrer so mit dem anfahrenden, querenden Kfz-Verkehr in Konflikt und sind stark gefährdet. Das "Hängenbleiben" auf Mittelinseln beim geradeausgerichtetem Queren einer Kreuzung führt ebenfalls zu Akzeptanzproblemen.

Einige Sekunden Grünvorlauf von geradeausfahrenden Radfahrern vor sogenannten "bedingt verträglichen Kfz-Strömen", also abbiegenden

Fahrzeugen ist unter Sicherheitsgesichtspunkten besonders wichtig.

Der Standort des Radfahrersignals, also links oder rechts des Radweges ist nicht maßgeblich für die Akzeptanz - er sollte aber einheitlich rechts aufgestellt werden, wenn der Radfahrer vor der kreuzenden Fußgängerfurt warten soll und links aufgestellt werden, wenn der Radfahrer seine Watezone hinter der Fußgängerfurt erhält.

Akzeptanzfördernd ist das Vorhandensein einer Haltelinie und die räumliche Zuordnung von Haltelinie und Signalmast. Die Haltelinien für den Kfz-Verkehr sollen zur Gewahrung des Sichtkontaktes um einige Meter zurückversetzt werden. Radfahrersignalisierungen ohne Gelbphasen machen das Überfahren von Radfurten bei rotem Signal praktisch unvermeidlich und sind deshalb der Akzeptanz von Lichtsignalanlagen nicht förderlich. Zusatzschilder und Sondersignale sollten nur sparsam Verwendung finden, weil ansonsten die Verständlichkeit ungenügend wird.

Aus den gewonnen Erkenntnissen werden in der Studie 4 Grundformen der Signalisierung entwickelt, wodurch für alle örtliche Gegebenheiten eine angepaßete und doch standardisierte Lösung zur Verfügung steht. Hierbei werden die Möglichkeit zum freien Rechtsabbiegen während der Rotzeit des Geradeausverkehrs und die Signalisierung der indirekten Linksabbieger weitgehenst berücksichtigt. Zweimaliges Warten vor der Kreuzung (neben der Kfz-Haltelinie und am Bordstein) ist in keinem Entwurf mehr vorgesehen. Die Regelentwürfe sind in deutschen Städten und Gemeinden anwendbar; insofern bietet die Broschüre eine wichtige Planungshilfe bis zur Herausgabe eine überarbeiteten "Richtlinie für die Anlage von Lichtsignalanlagen" (RiLSA).

Broschüre
Die Broschüre "Optimierung für den Radverkehr an Lichtsignalanlagen" ist in der kommunalen Veröffentlichungsreihe "Beiträge zur Stadtforschung, Stadtentwicklung, Stadtplanung" (ISSN 0933-9078), Heft Nr. 2/96 der Stadt Münster erschienen.
Bestellanschrift
Stadt Münster, Bürgerberatung (Amt 13 / BBSt), Kleinensstraße 10, 48127 Münster; Kosten. 5,- DM für Broschüre und 4,- DM für Versandkosten)


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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