ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 281 - 1.11.1996

V. Bach, S. Jendia, H. Meßmer: Winterdienst auf Radwegen

Ungeräumte Radwege verleiten zur ordnungswidrigen Nutzung der Gehwege


Wichtigstes Ergebnis
Gegenüber kalten Tagen nimmt die Zahl der Radfahrer bei Schneefall weiter ab. jedoch nur für die Dauer des Schneefalls. Wird der Schnee nicht geräumt, dann sind die Radwege je nach Witterung über Tage und Wochen nicht befahrbar.

Zum Inhalt
Ziel der Untersuchung vom Bundesministerium für Verkehr in Auftrag gegebenen Studie war es, Empfehlungen für den Winterdienst auf Radwegen zu gewinnen. Teilgebiete der Untersuchung waren die Fahrstabilität des Fahrrades auf griffigen und winterglatten Radwegen unter Einsatz abstumpfender und auftauender Streustoffe, Organisation und Techniken des Winterdienstes und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Es wurden in sechs Städten Zählungen, Befragungen und Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Zusätzlich wurden Einsatzberichte der Winterdienstbetriebe, Unfallprotokolle der Polizei und Aufzeichnungen einiger Krankenhäuser ausgewertet. Um Aussagen zur Winterdienstpraxis auf eine breite Basis stellen zu können, wurden 655 Städte und Gemeinden befragt. Griffigkeitsmessungen wurden bei winterlichen und nichtwinterlichen Fahrbahnzuständen durchgeführt.

Die Umfrage in Städten und Gemeinden hat ergeben, daß über die Hälfte der Kommunen auf allen Radwegen Winterdienst durchführt und nur 4% der Kommunen ihre Radwege im Winter nicht betreuen. Die meisten Radwege werden sowohl geräumt als auch gestreut. Zum Einsatz kommen überwiegend Pflüge und im Flachland Kehrwalzen. Zu einem großen Teil (65%) werden beim Winterdienst abstumpfende Streustoffe eingesezt.

Ergänzend hat die Detailanalyse in der sechs Städten gezeigt, daß es beim Radwegewinterdienst häufig zu sehr großen Zeitverlusten kommt. Wegen der zentralen Stationierung der Kleinfahrzeuge sind die Anfahrtwege zu den Bezirken oft zu lang. Außerdem gibt es nur selten ein zusammenhängendes Netz, dementsprechend fallen viele Leerwege an. Wird abstumpfend gestreut, ergeben sich wegen geringer Ladekapazitäten der Kleintraktoren zusätzliche Verlustzeiten.

Radfahrer sind gegenüber Schneeglätte besonders empfindlich. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Winterdienststrecken mehrmals in möglichst kurzer Reihenfolge abzufahren um nach der ersten Grobräumung die im Tagesverlauf liegengebliebenen Schnee- und Matchreste bzw. aufgeworfenen Eisbrocken und Schneehaufen zu beseitigen.

Aus Gründen des Umweltschutzes wird häufig auf den Einsatz von Salz verzichtet, obwohl abstumpfende Streustoffe infolge der geringen Ladekapazitäten und der notwendigerweise größeren Streumengen die Länge der Streustrecken (mit einer Ladung) der Fahrzeuge erheblich einschränken und sich dadurch die Qualität des Winterdienstes bedeutend verschlechtert. Häufige Nachladevorgänge verhindern das zügige Abfahren der Strecken. Deshalb sollte überlegt werden, mehr Salz zu streuen.

Die Winterdienstbetriebe werden bisher nur unzureichend an den für sie wichtigen Planungsprozessen beteiligt (z.B. Radwegeführung, Beschilderung). Ein Radweg ist für die Winterdienstfahrzeuge erst dann gut befahrbar, wenn er einen durchgehenden Querschnitt hat, zumindest aber die Anzahl der Engstellen entlang der Strecke gering gehalten wird. Die Regelbreite der Abschnitte allein sagt zu wenig über die Schwierigkeiten des Winterdienstes vor Ort, besonders beim Räumen mit Pflügen, aus. Durch frühzeitige Abstimmug der betroffenen Ämter könne solche Probleme gelöst und die meisten Engstellen und seitlichen Hindernisse entschärft werden.

Der Radwegewinterdienst kann effizienter durchgeführt werden, wenn die Räum- und Streustrecken systematisch ausgewählt und auf die zur Verfügung stehenden Fahrzeuge und Geräte abgestimmt werden. Durch die Städteumfrage ist bekannt, daß für eine Optimierung sehr oft grundlegende Planungsunterlagen fehlen oder nur bruchstückhaft vorhanden sind. Eine wirtschaftliche Winterdienstorganisation setzt eine genaue Bestandserfassung und Tourenplanung voraus.

Gegenüber kalten Tagen nimmt die Zahl der Radfahrer bei Schneefall weiter ab. Die Entscheidung, auf das Fahrrad als Transportmittel zu verzichten, bleibt jedoch oft auf die Dauer des Schneefalls beschränkt und ist nicht auf die Folgetage zu übertragen. Die geringe Radverkehrsstärke legitimiert deshalb nicht, auf die Schneeräumung ganz zu verzichten. Dann sind die Radwege je nach Witterung über Tage und Wochen nicht befahrbar. Die Radfahrer benutzen dann oft ordnungswidrig die Gehwege.

Artikel
V. Bach, S: Jendia, H. Meßmer: Winterdienst auf Radwegen, in: Informationen - Forschung im Straßen und Verkehrswesen - Teil: Stadtverkehr - Lieferung Dezember 1995

Den Forschungsbericht gibt es beim Bundesministerium für Verkehr, Bonn


Autor(en) dieser Ausgabe: Mattias Doffing.
Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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