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KONRAD GOETZ: MOBILITÄTSLEITBILDER UND VERKEHRSVERHALTEN
Positive Einstellung zum Autofahren auch bei Radfahrern weit verbreitet
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Wichtigstes Ergebnis
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Eine
Repräsentativuntersuchung in Freiburg und Schwerin hat ergeben, daß
es in beiden Städten klare und konsistente Muster aus
Handlungsorientierung und Verkehrsverhalten gibt. Es gibt einen
Mobilitätstyp, der vergleichsweise extrem wenig Auto fährt.
Während der harte Kern der Autofahrer in Freiburg (die
"Risikoorientierten") das Auto bei 51 % aller Fahrten benutzt, wählten die
"Naturorientierten" das Auto nur bei 13 % aller Fahrten, fahren stattdessen
besonders oft mit dem Fahrrad (23 % aller Fahrten), mit dem ÖPNV und gehen
zu Fuß.
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Zum Inhalt
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Im Rahmen des mit Unterstützung des Bundesforschungsministeriums BMBF zur "Stadtverträglichen Mobilität" eingerichteten Forschungsverbunds city: mobil wurden in Freiburg und in Schwerin jeweils 1.000 repräsentativ ausgewählte erwachsene Personen zu Mobilitätsleitbildern und zu ihrem Verkehrsverhalten befragt, um gezielt auf diese Handlungsgruppen abgestimmte Strategien für eine umweltfreundliche, wirtschaftliche und sozial stadtverträgliche Mobilität entwickeln zu können.
Betrachtet man die Bevölkerung insgesamt, so dominiert in beiden Städten stärker als erwartet immer noch das Leitbild der Automobilität. In der ostdeutschen Stadt jedoch stärker als in der westdeutschen. In Freiburg gaben 67 %, in Schwerin 83 % der Befragten an, gern oder sehr gern Auto zu fahren. Nur 19 % der Freiburger und 8 % der Schweriner benutzen nie ein Auto, 11 % der Freiburger und 7 % der Schweriner gaben an: "Ich überlege mir ernsthaft, das Auto abzuschaffen", obwohl 35 % der Freiburger und 21 % der Schweriner die Meinung vertreten: "Wenn wir mit dem Umweltschutz ernst machen wollen, müssen wir uns alle vom Auto verabschieden".
Aus den Befragungsergebnissen zu Lebensstil (Freizeit, Arbeit, Lebensweise, Grundorientierung) und Mobilitätsorientierung wurden durch ein statistisches Verfahren (Faktorenanalyse) die wichtigsten Elemente und Unterschiede der Mobilitätsleitbilder in den beiden Städten identifizieret. Diese unterschiedlichen Einstellungen wurden zum Fahrradfahren, zur Auto-Mobilität, zum öffentlichen Verkehr und zum Zufußgehen herausgearbeitet.
Zum Radfahren gibt es in Freiburg erstens den Faktor Radfahrbegeisterung, zweitens, "Antipathie und Ressentiment gegenüber Radfahrern", drittens "Fahrradfahren als Risikoerlebnis und Technikgenuß" und viertens "Gefährdung und Angst beim Radfahren". In Schwerin gibt es Fahrradbegeisterung, Antipathie und Ressentiment gegenüber Radfahrern (wie in Freiburg), Gefährdung und Angst beim Radfahren, Bekenntnis zu risikoreichem Radfahren und schließlich ein statistisch nicht mehr relevanter fünfter Faktor: Förderung und Kontrolle des Fahrradfahrens.
In einem weiteren Auswertungsschritt wurden die beschriebenen
Einstellungsdimensionen mit dem Verfahren der Clusteranalyse zu einer Typologie
verdichtet. Dabei wurde deutlich, daß es bei den unterschiedlichen Typen
sehr klare Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Einstellungsdimensionen
(Mobilitätsorientierung) und dem Verkehrsverhalten gibt.
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In Freiburg gehören 41 % der Befragten zum Mobilitätstyp "Die Naturorientierten", einer Gruppe, die in ihrer Freizeit überdurchschnittlich gern wandert und spazieren geht, überdurchschnittliche Umweltsensibilität aufweist und Befürchtungen mit Bezug auf Schädigungen der Umwelt hegt. Radfahrbegeisterung und Überlegungen zur Abschaffung des Autos sind bei dieser Gruppe ausgeprägt, der ÖPNV wird häufig als Fortbewegungsart der Zukunft gesehen. Die Naturorientierten fahren besonders häufig mit dem Fahrrad und mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Den zweithäufigsten Typus in Freiburg bilden "Die Indifferenten" (24 %). Es handelt sich um familien- und sicherheitsorientierte Personen, die keine pointierten Ansichten vertreten; darunter sind überdurchschnittlich viele Frauen, Personen mit untersten Bildungsabschlüssen und Senioren. Für diese Gruppe sind Risiko und Aggression beim Autofahren, Radfahrbegeisterung, Fahrradfahren als Risikoerlebnis und Technikgenuß, aber auch eine Gefährdung beim Radfahren unterdurchschnittlich wichtig. Auch das Auto spielt für die Unabhängigkeit und für die Flucht aus dem Alltag dieser Gruppe eine unterdurchschnittliche Rolle. Die Gruppe geht dafür überdurchschnittlich häufig zu Fuß.
Die drittgrößte Gruppe sind in Freiburg "Die Risikoorientierten" (20 % der Befragten). Sie bekennen sich stark zu Risiko und Aggression beim Autofahren, erleben das Auto als Bedingung von Unabhängig und Flucht aus dem Alltag, genießen Fahrradfahren als Risikoerlebnis und Technikgenuß und haben keinen Spaß am Zufußgehen. Ihre Einstellungen zum Zufußgehen sind überdurchschnittlich negativ, der ÖPNV gilt bei ihnen nicht als Fortbewegungsart der Zukunft, Straßenbahnfahren wird als unangenehm empfunden und die Verlangsamung des Autoverkehrs lehnen sie deutlich stärker ab als der Rest der Befragten. Die Risikoorientierten fahren am meisten mit dem Auto und legen vor allem am Wochenende weit überdurchschnittlich große Entfernungen zurück.
Der kleinste Typ sind "Die Statusorientierten" (15 %), zu deren Lebensstil vor allem Freizeit und Sozialprestige, aber geringe Umweltsensibilität und Toleranz gehören. Diese Gruppe betont vor allem die Gefährdung beim Radfahren, die nächtliche Bedrohung beim Zufußgehen in der Stadt und die Abneigung gegen den ÖPNV. Das Auto wird überdurchschnittlich stark als Statussymbol und Prestigeobjekt gesehen und als "Freizeitpartner" genannt und gilt in der Freizeit als unverzichtbar. Die Radfahrbegeisterung ist sehr gering, die Fahrradnutzung auch. Am häufigsten werden das Auto und die eigenen Füße benutzt.
Die größte Gruppe in Schwerin sind "Die Angepaßten" (38 %). Sie nennen häufig "Gefährdung beim Radfahren" und "kein Spaß am Zufußgehen", und sinf für eine Verlangsamung des Autoverkehrs. Kaum eine Rolle spielen Risiko und Aggression beim Autofahren. Die Gruppe zeigt hinsichtlich der übrigen Meinungen und der Verkehrsmittelnutzung durchschnittliches Verhalten - mit Ausnahme des Wochenendes: Hier werden überdurchschnittlich weite Entfernungen zurückgelegt.
Die zweitgröße Gruppe in Schwerin sind "Die Ambivalenten" (33 %):
vor allem Frauen, Ältere, niedrige Bildungsabschlüsse und die
untersten Einkommengruppen. Sie haben ein ambivalentes Verhältnis zum
Auto, fühlen sich nächtlich beim Zufußgehen in der Stadt
bedroht, lehnen aber auch das Auto aus ökologischer Betroffenheit ab. Sie
fahren wenig Auto und Fahrrad, gehen viel zu Fuß und fahren häufig
mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ihre Wegelänge ist - auch am
Wochenende - vergleichsweise gering.
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Die dritte Gruppe in Schwerin sind "Die Aggressiven" (18 %). Für sie ist das Auto Bedingung des Dazugehörens, sie bekennen sich zu Risiko und Aggression beim Autofahren und haben Antipathien und Ressentiments gegenüber Radfahrern. Sie empfinden Straßenbahnfahren nicht als angenehm, Zufußgehen nicht als Entspannung und Naturerlebnis und sind nicht fahrradbegeistert. Die Aggressiven fahren fast nur Auto, ihre durchschnittliche Wegelänge ist sehr hoch.
Als vierte Gruppe wurden in Schwerin "Die Genuß- und
Erlebnisorientierten" identifiziert (12%). Die Gruppe umfaßt mehrheitlich
Männer, wobei die jüngste Altersgruppe überrepräsentiert
ist, vor allem unterste Bildungsabschlüsse. Es ist ein erlebnishungriger
Typus, der jede Form der Fortbewegung genießt, wenn sie Abwechslung
verspricht. Alle Fortbewegungsarten werden so genutzt, daß sie zum
Erlebnis werden. Zufußgehen wird stark als Entspannung und Naturerlebnis
empfunden, es gibt Fahrradbegeisterung; aber auch das Auto gilt als Partner
für Erlebnis und Abenteuer, und Straßenbahnfahren wird als angenehm
empfunden. Das Auto als Bedingung des Dazugehörens wird genannt. Diese
Gruppe lehnt die Legitimierung des Autos als Notwendigkeit im Alltag oder das
Auto als unverzichtbares Freizeitfahrzeug stark ab, aber nicht aus
ökologischer Betroffenheit. Das Image von Straßenbahn, des
Zufußgehens und des Radfahrens ist überdurchschnittlich gut. Diese
Gruppe bewegt sich weit überdurchschnittlich häufig zu Fuß oder
mit dem Fahrrad.
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Untersuchung
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"Mobilitätsleitbilder
und Verkehrsverhalten", Bericht von Konrad Goetz, ISOE - Institut für
sozial-ökologische Forschung GmbH, Ergebnisse aus der
Repräsentativbefragung, Zwischenbericht zur Schnittstelle II, Subprojekt
1: Mobilitätsleitbilder und Verkehrsverhalten, Forschungsverbund city:
mobil, Frankfurt 1996.
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Autor
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Konrad
Goetz, ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung GmbH,
Hamburger Allee 45, 60468. Frankfurt, Tel. 069/700012, Fax. 069/777341.
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Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com
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