ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 254 - 14.10.1995

TODD LITMAN:

DIE MESSUNG DER VORTEILE DES RADVERKEHRS FÜR DIE BEEINFLUSSUNG DES VERKEHRS

Wer von Auto aufs Fahrrad umsteigt, erspart im Berufsverkehr fast 6 DM.

Wichtigstes Ergebnis: Die Fahrradverkehr bringt erheblichen Nutzen. Nach einer für die Verhältnisse der USA aufgemachten Rechnung erspart jeder Berufspendler, der vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von umgerechnet fast 6 DM.

Zum Inhalt: Litman beschreibt in seiner Studie zum Nutzen des Radverkehrs, daß es zwei Wege gibt, um Verkehrsstau und andere Verkehrsprobleme zu reduzieren: den Ausbau der Kapazitäten oder die effizientere Nutzung der Kapazitäten durch Verkehrsreduzierung. Beide Möglichkeiten bieten Ansatzpunkte zur Radverkehrsförderung. Litman geht deshalb der Frage nach, in welcher Höhe man optimalerweise in die Förderung des Fahrradverkehrs investieren soll, und wie Strategien aussehen können, um Menschen zum Radfahren zu ermutigen.

Zunächst schätzt Litman den Nutzens des Fahrradverkehrs anhand der Einsparungen, die eine Verlagerung einer typischen Zweieinhalb-Meilen-Fahrt (4 km) vom Auto zum Fahrrad brächte. Dazu werden drei verschiedene Straßenverhältnisse betrachtet: innerorts während der Hauptverkehrszeit, innerorts außerhalb der Hauptverkehrszeit und außerorts.

Litman schätzt, daß die Staukosten innerorts in der Hauptverkehrszeit um 0,40 $ (US-Dollar, beim Kurs von 1,45/$ also 0,58 DM) pro Zweieinhalb-Meilen-Fahrt reduziert würden und um 0,04 $ (0,06 DM) zu anderen Zeiten. Die ersparten Kosten für die Luftverschmutzung sind eher größer als der kilometerbezogene Anteil, da die Autos wegen der hohen Kaltstartanteile besonders hohe Emissionsraten ausweisen. Daher kann man davon ausgehen, daß 1 % weniger Autoverkehr zu 2 bis 4 % weniger Luftverschmutzung führt. Litman schätzt, daß sich damit zwischen 0,40 $ (0,58 DM) in der Hauptverkehrszeit und 0,05 $ (0,07 DM) außerorts einsparen lassen.

Der Wert des ersparten Lärms beträgt bis zu 0,05 $ für Fahrten in der Stadt, der Nutzen durch ersparte Parkplatzkosten bis zu 1,50 $. Berechnet wurden außerdem Werte für ersparte Benutzerkosten der Autobesitzer (bis zu 0,85 $), für Straßenunterhaltung (0,05 $) sowie für Einsparungen in den Bereichen Energie-, Umwelt-und soziale Kosten. Insgesamt erspart jeder Alleinfahrer, der für eine 4-km-Fahrt vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, der amerikanischen Gesellschaft außerorts gut 1 $ (1,48 DM), in der Stadt normalerweise 1,59 $ (2,31 DM) und in der Hauptverkehrszeit sogar 3,68 $ (5,34 DM).

Für eine kleine Beispielgemeinde mit 10.000 Pendlerfahrten zum Arbeitsplatz und 35.000 anderen Fahrten pro Tag würde es sich demnach lohnen, bis zu 184.000 $ (267.000 DM) jährlich für jedes Prozent an Pendlerfahrten auszugeben und mehr als 200.000 $ (290.000 DM) für jedes Prozent an sonstigen Fahrten, die von allein besetzten Kraftfahrzeugen zum Fahrrad verlagert werden.

In seiner Darstellung der Strategien, mit denen man zum Radfahren ermutigen kann, unterscheidet Litman acht Rezepte: Anreize zur Reduzierung der Pendlerfahrten in alleine besetzten Autos (general commute trip reduction incentives), z.B. mit verteuerten Parkplatzgebühren, finanziellen Anreizen und flexibler Arbeitszeit. Anreize zum Umsteigen (encouragement programs), z.B. Prämien für Menschen, die mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Sicherheitsprogramme (bicycle safety education and enforcement), um die Grundfertigkeiten zum Fahrradfahren zu vermitteln, zum Tragen eines Helms zu ermutigen, das Beleuchtungsproblem der Radfahrer bei Nacht anzugehen und damit Radfahrer sich zu verhalten lernen, wenn sie Straßen mit Radfahrern teilen müssen. Weitere Strategien sind Angebote zu Fahrradkarten (bike maps), zur Verknüpfung von Fahrrad und anderen Verkehrsmitteln, z.B. Fahrrad- und öffentlicher Verkehr (multi-modal connections), Fahrradabstellplätze und Duschen (bicycle parking and showers), Verbesserungen des Straßennetzes (roadway improvements) und Radspuren und Fahrradwege (bicycle lanes and paths).

                              innerorts    innerorts    außerorts
                              Hauptver-     übrige        alle
                              kehrszeit     Zeiten       Zeiten

Stau                           $ 0,40       $ 0,04       $ 0,00
Luftverschmutzung              $ 0,40       $ 0,30       $ 0,05
Lärm                           $ 0,10       $ 0,05       $ 0,02          
Parkplatzbedarf                $ 1,50       $ 0,25       $ 0,05
Benutzerkosten                 $ 0,85       $ 0,55       $ 0,55
Straßenunterhaltung            $ 0,05       $ 0,05       $ 0,02
Externe Energiekosten          $ 0,15       $ 0,12       $ 0,10
Umwelt- und soziale            $ 0,23       $ 0,23       $ 0,23
Kosten
Summe                          $ 3,68       $ 1,59       $ 1,02

Tab. 1 Geschätzte Kosteneinsparungen bei einer Verlagerung vom Kfz (Alleinfahrer) auf das Fahrrad

Gutachten:"Quantifying bicycling benefits for achieving transportation demand management goals" von Todd Litman, Victoria Transport Policy Institute, Victoria 1995.

Anschrift:Victoria Transport Policy Institute, 1250 Rudlin Street, Victoria, BC V8V 3R7, Canada Tel./Fax 001-604-360-1560.

FDF 254 vom 14.10.95


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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