ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 253 - 30.09.1995

WILHELM ANGENENDT / UTE NEUMANN:

GEMEINSAME BENUTZUNG VON SONDERFAHRSTREIFEN DURCH BUS- UND RADVERKEHR

Neues Verkehrszeichen für gemeinsame Rad- und Busfahrstreifen?

Wichtigstes Ergebnis: In Münster werden Radfahrer und Linienomnibusse auf gemeinsamen Fahrstreifen geführt. Während sich breite Busspuren (4,75m - 5,00 m) als "Sonderfahrstreifen für Linienomnibusse - Radfahrer frei" bewähren, sollten Radfahrer und Busse auf schmaleren Fahrspuren mit 3,00 m - 3,25 m Breite gleichberechtigt werden. Damit Busse dort nur mäßig schnell fahren, sollte die Kennzeichnung als "Radweg - Linienomnibusse frei" oder durch ein neues Verkehrszeichen erfolgen.

Zum Inhalt: Weil gemeinsame Fahrstreifen in den engen und dicht genutzten Straßenräumen unserer Städte oft die einzige Möglichkeit sind, um Busse und Radfahrer losgelöst von den Bindungen und Einflüssen des motorisierten Individualverkehrs zu führen, gibt es seit einigen Jahren in immer mehr Städten gemeinsame Fahrspuren für Busse und Radfahrer, zum Beispiel in der Stadt Münster.

Um die unterschiedlichen Breiten und Regelungen der in Münster vorhandenen Lösungen zu beurteilen, hatten Angenedt/Neumann in einem Gutachten für die Stadt Münster drei Straßentypen (vgl. Abb.) untersucht: (a) einen 5,0 m breiten, für den Radverkehr freigegebenen Busfahrstreifen (Z 245 StVO in Verbindung mit Z 1022-10 StVO; Herwarthstraße); (b) zwei 3,0 m breite gemeinsame Fahrstreifen, die als Sonderweg für Radfahrer mit Freigabe für den Linienbusverkehr (Z 237 StVO in Verbindung von Z 1026-32 StVO; Moltkestraße und Schorlemerstraße); und (c) ein vom übrigen Verkehr unabhängig geführter Busfahrstreifen, der nicht für Radverkehr freigegeben ist (Bahnhofstraße, 4,0 m breit).

Verkehrsablauf und Interaktionsgeschehen wurden durch stationäre Videoaufnahmen beobachtet; Radfahrer- und Busfahrer wurden befragt; es wurden Busmitfahrten durchgeführt, bei denen der Fahrtverlauf (Störungen) registriert wurde, und andere Städte wurden nach ihrer Planungspraxis und Erfahrungen befragt.

Die gemeinsame Führungen von Bussen und Radfahrern ist akzeptabel, wenn anspruchsgerechte getrennte Lösungen nicht zu realisieren sind. Je nach Rahmenbedingungen kommen sowohl breite (4,75 m - 5,00 m) als auch schmale (3,00 m - 3,25 m) gemeinsame Fahrstreifen in Frage. Für die Ausschilderung der beiden Führungsvarianten werden aber unterschiedliche Regelungen empfohlen:

Sonderfahrstreifen für Linienbusse mit Freigabe für den Radverkehr sollen in der Regel 5,00 m breit (Mindestbreite 4,75 m) und durch Z 245 StVO ("Linienbusse") in Verbindung mit Z 1022-10 StVO ("Radfahrer frei") ausgeschildert werden. Die höchstens zulässige Geschwindigkeit des Linienbusverkehrs beträgt dann 50 km/h. Der Einsatz von Sonderfahrstreifen sollte nicht an Belastungsobergrenzen für den Radverkehr gebunden werden. Wann Fahrstreifen im Bereich bis 4,75 m in Verbindung mit einem niedrigen Geschwindigkeitsniveau des Linienverkehrs in Frage kommen, kann aus den Untersuchungen nicht abgeleitet werden.

Schmale gemeinsame Bus- und Radfahrstreifen mit einer Regelbreite von 3,25 m (Mindestbreite 3,00 m) sollten insbesondere bei hohem Nutzungsdruck in den benachbarten Seitenbereichen (Fußgängerverkehr) markiert werden. Aufweitungen sind bei Bedarf im Haltestellenbereich vorzunehmen.

Damit Linienbusse bei Interaktionen mit Radfahrern den gemeinsamen Fahrstreifen verlassen können, weniger schnell fahren und um zu verdeutlichen, daß Busse und Radfahrer gleichberechtigt sind, sollte für schmale gemeinsame Bus- und Radfahrstreifen eine andere Kennzeichnung gewählt werden, zum Beispiel ein neues blaues Verkehrszeichen, das Radfahrer und Linienomnibusse übereinander zeigt (Kombination der Zeichen 237 und 245 StVO). Bis zu einer neuen einheitlichen Regelung kann die Ausschilderung weiter mit Z 237 StVO (Sonderweg für Radfahrer) und Zusatzzeichen 1026-32 StVO Linienverkehr frei) erfolgen, wie sich dies in Münster auf der Schorlemerstraße und der Moltkestraße bewährt hat.

Gutachten: "Gemeinsame Benutzung von Sonderfahrstreifen durch Bus- und Radverkehr", von Wilhelm Angenendt und Ute Neumann. Hg. Stadt Münster, Beiträge zur Stadtforschung Stadtentwicklung, Stadtplanung 2/95.

Anschrift: Dipl.-Ing. Wilhelm Angenendt, Büro für integrierte Stadt- und Verkehrsplanung, Bocholt, Lönsstr. 16, 46397 Bocholt, Tel. 02871/185736; Fax. 02871/186136; Dipl.-Geogr. Ute Neumann, Büro für integrierte Stadt- und Verkehrsplanung BIS Köln, Marspfortengasse 6, 50667 Köln, Tel. 0221/257 1076; Fax. 0221/257 1079.

FDF 253 vom 30.9.95


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


Webtechnik: Heiner.Schorn@informatik.umu.se   FDF-HomePage http://www-2.informatik.umu.se/adfc/fdf/