ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 241 - 15.04.1995

BERND E: NICKEL:

INTELLIGENTE VERNETZUNG V. FAHRRADVERKEHR UND ÖPNV

Geländer sollen Haltestellenbereiche "gestalterisch aufwerten"

Für Radfahrer im Umweltverbund kaum Geld und Platz

Wichtigstes Ergebnis: Um öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad besser miteinander zu vernetzen, so Bernhard Nickel vom Dachverband der öffentlichen Verkehrsbetriebe VDV, sollen die Verkehrsbetriebe überdachte Fahrradabstellanlagen und Angebote zur Fahrradmitnahme einrichten. Der Betrieb von Fahrradstationen und Fahrradboxen und die Mitbenutzung von Busspuren werden dagegen abgelehnt.

Zum Inhalt: Wegen der alarmierenden Umweltsituation, der Beeinträchtigung der städtischen Lebensqualität durch Verkehr, des unwiederbringlichen Ressourcenverbrauchs und der viel zu hohen Verkehrsopfer gilt es, Verkehr zu vermeiden, nicht vermeidbaren Verkehr auf die Verkehrsarten des Umweltverbundes zu verlagern und den nicht verlagerbaren verbleibenden Verkehr verträglich abzuwickeln.

Dafür sollten die Verkehrsarten des Umweltverbundes noch besser als bisher miteinander vernetzt und ihre Attraktivität erhöht werden. Beim Streben nach höheren Marktanteilen aber, so Bernhard E. Nickel, Fachbereichsleiter beim Dachverband der öffentlichen Verkehrsbetriebe VDV in seinem Artikel, kann es angesichts der knappen Ressource Straßenraum auch zu Konflikten kommen.

Um Konflikte mit Bussen zu vermeiden empfiehlt Nickel, daß Radverkehr an Haltestellen auf Radwegen oder Radfahrstreifen rechts an der Haltestelle vorbeigeführt wird (vgl. Abb.1). Damit dort auch die Konflikte mit Fahrgästen minimiert werden, soll der Radweg zwischen der Wartefläche am Haltestellenbord und dem Gehweg geführt werden. Dabei können Geländer den Konfliktbereich eingrenzen und zugleich eine "wünschenswerte gestalterische Aufwertung der Haltestelle" sein. Bei Fahrbahnrand- und Kaphaltestellen sei dem Radfahrer zuzumuten, ebenso wie der sonstige Individualverkehr hinter dem Bus zu warten.

Wegen der Bedeutung des Fahrrads als Zu- und Abbringer des öffentlichen Verkehrs ist der Bau von Fahrradabstellanlagen an Haltestellen gang und gäbe, zumal derartige Einrichtungen durch das Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz (GVFG) gefördert werden. Empfohlen werden Rahmenbügel, um das Fahrrad besser vor Diebstahl und Torsionsschäden schützen, sowie Überdachungen.

Für den Betrieb von Fahrradboxen, Fahrradstationen und automatischen Fahrradabstellanlagen kommen die Verkehrsunternehmen allerdings aufgrund der hohen Betriebskosten nicht infrage, da sie ihre eigentliche Verkehrsleistung ohnehin nicht kostendeckend erbringen können.

Angebote zur Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln haben in den vergangenen Jahren beachtlich zugenommen - zu unterschiedlichen Konditionen. Trotzdem will sich der VDV den ADFC-Vorstellungen, Sitzplätze für den Fahrradtransport aufzugeben, auch Fahrräder mit aufgeschnalltem Gepäck zu befördern und daß Sperrzeiten entfallen sollten, nicht anschließen.

Gegen die Mitnutzung von Busspuren durch Radfahrer wendet sich Nickel wegen des Breitenbedarfs (Abb. 12) und der unterschiedlichen Fahrdynamik: "Würde man alle, die auch mal gerne möchten, auf die Busspuren lassen, bliebe der ÖPNV auf der Strecke". Allerdings können Radfahrer manchmal auch nützliche Partner sein: "Wenn die Geschwindigkeit, mit der sich der allgemeine Verkehr durch einen stauanfälligen Bereich quält, den Durchschnitt der Reisegeschwindigkeit auf der Strecke unter das Niveau der Radfahrergeschwindigkeit drückt, kann es für den ÖPNV trotz Beeinträchtigung durch langsamere Radfahrer interessant sein, eine gemeinsame Spur zu bekommen, wenn eine reine Busspur nicht durchsetzbar ist."

Probleme mit Radfahrern sieht Nickel auch wegen der Konkurrenzierungssituation, weil Radfahrer im Winter die durch umgestiegene Autofahrer und Fußgänger bereits hohen Spitzen noch weiter erhöhen. Und bei Ortsbussystemen sieht es Nickel als Gefahr, wenn sich die Partner im Umweltverbund die Marktanteile gegenseitig schmälern.

Artikel: "Intelligente Vernetzung von Fahrradverkehr und ÖPNV" von Bernhard E. Nickel, in: Der Nahverkehr, 1-2/1995, S. 50-59.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

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