ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 234 - 07.01.1995

JOHANNES SPATZ:

AUTOS ZU PFLUGSCHAREN. GESUNDHEIT UND VERKEHR IN BERLIN

Die meisten Verkehrstoten sterben an Krebs

Wichtigstes Ergebnis: Das Ausmaß der vom Verkehr verursachten Krankheiten mit Todesfolge wird bislang weit unterschätzt. Nur ein Drittel aller Verkehrstoten in Berlin geht auf Verkehrsunfälle zurück, die restlichen zwei Drittel werden durch Abgase und Verkehrslärm bewirkt. Zur Prävention sollte deshalb auch die Ärzteschaft für eine gesundheitlich-ökologische Verkehrsplanung eintreten.

Zum Inhalt: Der motorisierte Straßenverkehr ist der bedeutendste Krankheitsauslöser der technischen Umwelt. Auspuffgase sind nicht nur für Allergien oder Atemwegserkrankungen, sondern auch für Krebs verantwortlich. Hinzu kommen der Verkehrslärm, der Herzinfarkt erzeugen kann, sowie tödlich verlaufende Unfälle.

In der offiziellen Statistik der Gesundheitsfolgen des Verkehrs tauchen bisher nur die Unfallopfer, nicht aber Krebserkrankungen und Herzinfarkt auf. Deshalb werden die vom Verkehr verursachten Krankheiten mit Todesfolge unterschätzt.

Der Mediziner Johannes Spatz schätzt in seinem Beitrag Gesundheit und Verkehr in Berlin, daß in Berlin etwa 3% aller Krebstoten auf die Wirkung von Autoabgasen zurückzuführen sind - jährlich etwa 250 Personen. Bei Verkehrsunfällen sind 1993 in Berlin 163 Personen verstorben. Auch durch Verkehrslärm, der für rund 3% der Herzinfarkttoten verantwortlich gemacht wird, sterben weit mehr als 100 Personen/Jahr.

Das Beispiel eines Risikovergleichs der kleinräumigen Gesundheitsbelastung durch krebserzeugende Auspuffgase und Verkehrslärm zeigt, daß das Krebsrisiko von belasteten Personen auf der Berliner Brückenstraße 490mal so hoch liegt wie das durch die US-Umweltbehörde akzeptierte Risiko (Abb.).

Insgesamt ergibt sich so in Ballungsgebieten wie Berlin ein etwa fünfmal so hohes Belastungsrisiko wie in ländlichen Gebieten. Spatz fordert deshalb eine gesundheitlich-ökologische Verkehrsplanung, die sich nicht von den Interessen der Auto-Industrie leiten lassen darf. Wie im letzten Jahrhundert, als in der Blütezeit der Prävention Vereine zur Gesundheitspflege gegründet wurden, um die Umweltprobleme der damaligen Zeit zu lösen, sollte sich auch die Ärzteschaft heute wieder um die gesundheitliche Sanierung unserer Lebensumwelt kümmern und parteiisch als Anwalt für die Gesundheit der Bevölkerung auftreten.

Artikel: "Autos zu Pflugscharen. Gesundheit und Verkehr in Berlin." Manuskript von J. Spatz, Berlin 1994. Bearbeiteter Artikel in: Grünstift, Heft 10/1994, S.16-17.

Anschrift: Johannes Spatz, Arzt, Wilhelmsaue 13, 10715 Berlin, Tel. 030/861 2562 oder 030/2311-9210 und -9101. Bezug des Original-Artikels gegen Einsendung eines mit 3 DM frankierten Briefumschlags durch Grünstift-Redaktion, Stiftung Naturschutz Berlin, Potsdamer Str. 68, 10785 Berlin.

FDF234 vom 7.1.95 / BRR57 March 1995


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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