ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 213 - 19.03.1994

MICHAEL LEHMBROCK:

MÖGLICHKEITEN ZUR BEEINFLUSSUNG DES KFZ-VERKEHRS MIT STELLPLATZVERORDNUNGEN UND -SATZUNGEN

Verkehrsabgabe statt Stellplatzpflicht

Wichtigstes Ergebnis: Damit der motorisierte Individualverkehr nicht durch Kfz-Stellplatzbau zusätzlich gefördert wird, können der Bau von Kfz-Stellplätzen untersagt und Ablösebeiträge für nicht gebaute Stellplätze zur Finanzierung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Radverkehr genutzt werden. Die Stellplatzpflicht sollte durch eine kommunale Verkehrsabgabe zugunsten von Fußgängern, Radfahrern und für den öffentlichen Verkehr abgelöst werden.

Zum Inhalt: Seit den 30er Jahren müssen Bauherrn bei Gebäuden, die Zu- und Abgangsverkehr verursachen oder vermehren, geeignete Stellplätze herstellen. Die Landesbauordnungen regeln damit den Ausgleich für den zusätzlichen Flächenbedarf für parkende Fahrzeuge. Die Verpflichtung zum Stellplatzbau soll Straßen von Straßenrandparkern entlasten, ermöglicht aber eine Zunahme des motorisierten Individualverkehrs.

In den Landesbauordnungen von Berlin und Hessen wurde 1990 bzw. 1991 auch eine Pflicht zum Bau von Fahrradabstellanlagen festgelegt. Eine solche Pflicht kann in anderen Bundesländern auch überwiegend durch kommunale Satzungen eingeführt werden.

Zur Vermeidung von Härten (z.B. bei unzumutbarem Aufwand) kann die Bauaufsichtsbehörde dem Bauherrn die Zahlung einer Ablösung von der Stellplatzpflicht gestatten. Die Ablösebeiträge eines Stellplatzes liegen zwischen 2.250 DM (Kassel) und 39.600 DM (Berlin1). Die Bauordnung von Berlin läßt dem Bauherrn - ausgenommen sind Stellplätze für Wohnnutzungen - erstmals eine Wahlfreiheit zwischen Stellplatzbau und Ablösung.

Die Verwendung der Ablösebeiträge ist zweckgebunden. Gemeinden müssen die Ablösemittel meistens für den Bau öffentlicher Parkplätze verwenden. In zwei Ländern können Ablösemittel auch zur Förderung des ÖPNV und des Radverkehrs verwendet werden - in Berlin seit September 1990 für "... Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs", und in Hessen seit Juni 1992 auch "zur Finanzierung .... von investiven Maßnahmen des Fahrradverkehrs, die für den Bauherrn einen Vorteil bewirken...".

1 Seit Anfang 1994 wird nach einem Senatsbeschluß in der Innenstadt Berlins kein Ablösebeitrag mehr erhoben. [T.B.]

Um den Zuwachs an Parkraum nicht nur auf öffentlich zugänglichen Flächen, sondern auch auf privaten Flächen zu steuern, können Gemeinden die Herstellung von Stellplätzen durch Reduktionssatzungen untersagen oder einschränken (Anlage - Tab.3). Damit wird zwar die Verpflichtung des Bauherrn zum Ausgleich der verursachten zusätzlichen Verkehrsbelastungen nicht aufgehoben; der Bauherr muß jedoch einen Ablösebeitrag bezahlen. Überwiegend werden dafür ausgewählte Gebiete in der Innenstadt ausgewiesen und mit der vorhandenen (geplanten) guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln begründet (vgl. Anlage - Tab.2).

Als Ersatz für die bisherige Stellplatzbaupflicht sollten, so Michael Lehmbrock vom Deutschen Institut für Urbanistik, den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt werden, auf die Stellplatzbaupflicht zu verzichten und Obergrenzen des Stellplatzneubaus festzusetzen. Statt der Stellplatzpflicht sollte eine kommunale Verkehrsabgabe eingeführt werden, die nicht nur Neubau und Umnutzung belastet, sondern alle, die einen Vorteil von der öffentlich vorgehaltenen Verkehrsinfrastruktur haben.

Beitrag: "Möglichkeiten zur Beeinflussung des Kfz-Verkehrs mit Stellplatzverordnungen und -satzungen" von Michael Lehmbrock, in: Handbuch der Kommunalen Verkehrsplanung, 1. Ergänzungs-Lieferung 1993, Economica-Verlag, Bonn.

Anschrift: Dipl.-Ing. Michael Lehmbrock, Deutsches Institut für Urbanistik, Straße des 17. Juni 110, 10623 Berlin, Tel. 030 / 39001-252.

FDF 213 vom 19.03.94

Anlagen aus: M. Lehmbrock, a.a.O.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

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