ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 202 - 02.10.93

HUGH McCLINTOCK (Hg.)

FAHRRAD UND STADTVERKEHR (THE BICYCLE AND CITY TRAFFIC)

Britische und internationale Beispiele zur Radverkehrsförderung

Wichtigstes Ergebnis:

Wer den Radverkehr fördern möchte, sollte nicht nur die Radverkehrs-Infrastruktur im Auge haben, sondern eine radfahrgerechte Stadtplanung, autofreie Gebiete, Lobbyarbeit und eine institutionelle Verankerung der Radverkehrsplanung durch ein eigenes Budget und ein eigenes Amt.

Zum Inhalt:

Der wegen der Umweltschäden des Kfz-Verkehrs als Alternative in die Diskussion gekommene Fahrradverkehr wird seit 1945 in Großbritannien auf vielfältige Art und Weise unterdrückt. Verkehrsangebot, Verkehrsmanagement und die Stadtplanung wurden gegen die Bedürfnissen des Radverkehrs geplant, und selbst Radwege wurden eingerichtet, um den motorisierten Verkehr zu fördern.

Das von Hugh McClintock herausgegebene und mitverfaßte Buch "Fahrrad und Stadtverkehr" enthält die verschiedensten Maßnahmen, mit denen der Radverkehr gefördert werden kann. Dazu gehören neben spezieller Infrastruktur beispielsweise autofreie Trassen oder autofreie Städte. Auch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen stimulieren den Radverkehr, sofern die Details sorgfältig geplant werden.

In der Stadt Nottingham, so Hugh McClintock, Ian Chatfield und Jo Cleary in einem gemeinsamen Beitrag, hatte das Fahrrad trotz der Tradition ihrer Fahrradfabrik (Raleigh) 1981 nur einen für England knapp durchschnittlichen Berufsverkehrsanteil von 2,9% aller Wege. Mit massiver Lobbyarbeit ist es dort gelungen, ein von der Bürgerinitiative Pedals erarbeitetes Netzkonzept mit vier strategischen Hauptrouten als Planungsgrundlage durchzusetzen.

Die Universitätsstadt Cambridge, schreibt Andrew Wallace aus Cambridgshire, hat die höchste Fahrradnutzung in Großbritannien. Etwa drei Viertel des Radverkehrs stammen nicht von Studenten, sondern von der übrigen Bevölkerung. Bereits 1975 wurde beschlossen, den Radverkehr vom übrigen Verkehr zu separieren oder an Straßen und Kreuzungen, wo getrennte Einrichtungen nicht infrage kommen, andere Maßnahmen für den Schutz oder Vorrang der Radfahrer zu treffen. Weil an zwei Radialstraßen mit verstopften Brücken Unfallschwerpunkte lagen, wurde für Radfahrer eine alternative Fahrradroute durch Südost-Cambrigde geschaffen, deren Kernstück eine neue Radfahrer- und Fußgängerbrücke über die Eisenbahn nördlich des Bahnhofs ist.

In London, so der Beitrag von Nick Lester, wurden nach einem Wahlsieg der Labour-Partei 1981 in der Gesamtstadtverwaltung (GLC) vorbildliche Maßnahmen getroffen. So wurde ein fahrradpolitisches Programm beschlossen: 1% der Verkehrsinvestitionen für den Radverkehr, Einrichtung einer Projektgruppe Fahrradverkehr (Cycle Project Team), und Einrichtung eines formellen Arbeitskreises von Stadtverwaltung, Fahrradinitiativen, Polizei, und Verkehrsministerium.

Die in London durchgeführten und geplanten Maßnahmen umfaßten: spezielle Lösungen für den Radverkehr an besonders gefährlichen Stellen; besondere Routen zur Umfahrung gefährlicher Kreuzungen und von schwierigen Stellen; sowie Fahrradrouten auf Strecken mit mehreren Knackpunkten für den Radverkehr. Ebenso wie Straßenbauprojekte mußten auch Investitionen in Radverkehrsprojekte in einem wirtschaftlichen Verhältnis zur erwarteten Radverkehrsmenge stehen. Die Kosten durften den Betrag von 78 Pfund (ca. 225 DM) pro Radverkehrs-km/Tag nicht übersteigen. Nach dem erfolgreichen Beginn des Programms wurde 1986 die Londoner Gesamtstadtverwaltung abgeschafft und für den Radverkehr wurden die finanzschwachen Stadtbezirke (Boroughs) zuständig.

Einige interessante Beiträge aus anderen Ländern zeigen, wie Radverkehrsförderung erfolgreich angelegt wurde: In Groningen (Niederlande) wurde die Stadtentwicklungsplanung nach den Möglichkeiten des Radverkehrs ausgerichtet; der Gesamtverkehrsplan der dänischen Stadt Odense führte mit einem umfassenden Maßnahmenkonzept zu deutlich mehr Rad- und weniger Autoverkehr; das deutsche Modellvorhaben Fahrradfreundliche Stadt gilt wegen seines systematischen Ansatzes als vorbildlich; und in den USA werden Programme verfolgt, um Pendler zum Umsteigen vom Auto zu bewegen und Polizisten aufs Fahrrad zu bringen.

Buch:

"The Bicycle and City Traffic", (in engl.), hg. Hugh McClintock, mit Beiträgen von Hugh McClintock, Ian Chatfield, Johanna Cleary, Andrew Wallace, Nick Lester (alle UK), Gerrit van Werven (NL), Hans Jul Jacobsen und Leif Siboni (DK), Tilman Bracher (D) und Andrew Clarke (USA), London 1992, ISBN 1 85293 198 1 (UK) / 0-470-21928-9 (USA). Preis 37 Pounds.

Herausgeber:

Hugh McClintock, Institute of Planning Studies Paton House, University Park Nottingham NG7 2RD, Großbritannien, Tel. +44-602-514 881, Fax. +44-602-514 879.

FDF 202 vom 02.10.93

BRR 39 / 8.93


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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