ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 186 - 20.02.1993

TILMAN BRACHER, HEINZ KRAFFT-NEUHÄUSER: MASSNAHMEN ZUR INTEGRATION VON ÖPNV UND FAHRRADVERKEHR

ÖPNV-Betrieb veranlaßt Bike & Ride-Untersuchung

Wichtigstes Ergebnis: Weil sich der Zubringerverkehr zum Bahnhof vergleichsweise kostengünstig abwickeln läßt, soll die Verknüpfung von Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln nach Gutachten der Berliner Verkehrs-Betriebe BVG verbessert werden: durch erweiterte Angebote zur Fahrradmitnahme, diebstahlsicheren Abstellanlagen an Bahnhöfen und der weiteren Nutzungsmöglichkeit von Busspuren durch Radfahrer.

Zum Inhalt: Nach einer im Auftrag der Berliner Verkehrs-Betriebe durchgeführten Studie zur "Harmonisierung von Fahrrad und ÖPNV" ergänzen sich Fahrrad und ÖPNV als Verkehrsmittel vor allem über längere Distanzen, über kürzere Distanzen besteht aber teilweise Konkurrenz. Insgesamt wird das Fahrrad in Berlin vor allem für kurze Entfernungen genutzt - die mittlere Distanz beträgt 2,6 km. Als Zubringer, vor allem zur S-Bahn, hat das Fahrrad aber auch für Fahrten über längere Entfernungen (Mittelwert 9,1 km) Bedeutung. Ab 5 km und beim Fahrtzweck "Ausflugsverkehr" ergänzen sich Fahrrad und ÖPNV; Konkurrenz besteht dagegen vor allem im Einkaufs- und Ausbildungsverkehr und im Entfernungsbereich zwischen 2 und 5 km.

Aus verschiedenen Erhebungen liegen Befragungsergebnisse zu den Gründen der Verkehrsmittelwahl vor. Sie zeigen, daß öffentliche Verkehrsmittel in Berlin "Zweckverkehrsmittel" sind. BVG- Nutzer nennen beispielsweise "Zeitvorteil" oder "keine Alternative" als Nutzungsgründe. Das Fahrrad dagegen hat ein ausgesprochen positives Image, und befragte Fahrradnutzer nennen meistens freiwillig mehrere Gründe für ihr Verkehrsmittel: macht Spaß, ist gesund/hält fit, umweltfreundlich, kostengünstig und Zeitvorteil.

Zur besseren Verknüpfung von Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln werden für jeden Fahrtzweck spezifische Maßnahmen empfohlen. Für den Berufs- und Schülerverkehr sowie für den Einkaufsverkehr vor allem attraktive Angebote zum Fahrradparken am Bahnhof. Für den Erholungs- und Urlaubsverkehr bessere Angebote für die Fahrradmitnahme in Bahn und Bus sowie Fahrradvermietung am Bahnhof.

Bereits vorhandene Angebote zur Fahrradmitnahme in S- und U- Bahnen in Berlin werden immer häufiger genutzt. Seit einigen Jahren werden bei der BVG Fahrräder auf allen Zeitkarten kostenlos befördert, und bei der S-Bahn gibt es - auch im Bereich der Deutschen Reichsbahn - in Berlin keinerlei Sperrzeiten. Obwohl in manchen Zügen am Wochenende weit mehr Radfahrer unterwegs sind als zugelassen, entstehen keine besonderen Konflikte, weil die Spitzennachfrage der Fahrradmitnahme nicht während der werktäglichen Hauptverkehrszeit liegt und Radfahrer volle Züge auch weitgehend meiden.

Weil das Fahrrad als Zubringerverkehr wesentlich weniger Kosten verursacht als beispielsweise eine Zubringerfahrt per Bus, sollen vor allem Bike & Ride-Angebote mit "Parken am Bahnhof" erweitert werden. So wird empfohlen, die Zahl der Fahrradstellplätze in S- und U-Bahn-Zügen bei Neu- und Umbauten sowie das Angebot für die Verknüpfung an den S- und U-Bahnhöfen (z.B. Fahrradabstellplätze und Aufzüge) systematisch auszuweiten.

Attraktive Abstell- und Ausleih-/Mietangebote sollen auch dazu beitragen, den Fahrradmitnahmebedarf zu reduzieren und BVG-Kunden im Freizeitverkehr vom Pkw abzuwerben. Je nach Einzugsbereich und Bedeutung sollen Bahnhöfe entweder mit Fahrradstationen (Fahrradvermietung, bewachtes Fahrradparken, Informations- und Reparaturangebot), mit Fahrradwachen (bewachte Abstellanlage als Nebenbetrieb - z.B. eines Kiosks), oder nur mit unbewachten Fahrradabstellplätzen und Fahrradboxen ausgerüstet werden.

Außerdem wird nach einer Untersuchung Berliner Busspuren empfohlen, die Praxis beizubehalten, Busspuren auch für Radfahrer freizugeben. Um Konflikte mit Einsteigern, Aussteigern und wartenden Fahrgästen an Bushaltestellen zu vermeiden, wird empfohlen, an wichtigen Haltestellen keine Radwege auf dem Bürgersteig zu führen.

Artikel: "Maßnahmen zur Integration von ÖPNV und Fahrradverkehr" von T. Bracher und H. Krafft-Neuhäuser, in Verkehr + Technik 5/92 und 6/92, S. 211-214 und 247-255.

Autoren: Dipl.-Volksw. Tilman Bracher, IVU Gesellschaft für Informatik, Verkehrs- und Umweltplanung mbH, Bundesallee 129, W-1000 Berlin 41, Tel. 030/850006-0, Fax. 030/850006-66; MA rer. pol. Heinz Krafft-Neuhäuser, Berliner Verkehrs-Betriebe BVG, Potsdamer Str. 188-192, W-1000 Berlin 30, Tel. 030/2569044, Fax. 030/2569033.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


Webtechnik: Heiner.Schorn@informatik.umu.se   FDF-HomePage http://www-2.informatik.umu.se/adfc/fdf/