ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 179 - 07.11.1992

VELO QUEBEC (Hrsg.): WELTWEITE PERSPEKTIVEN DES FAHRRADS

Konferenzbericht Velo Mondiale mit 161 Beiträgen aus fünf Kontinenten

Wichtigstes Ergebnis: Die auf der ersten Fahrrad-Weltkonferenz Velo Mondiale 1992 in Kanada vorgestellten Beiträge zeigen Probleme und Gemeinsamkeiten des Radverkehrs auf der ganzen Welt. Die Fahrradnutzung hängt vor allem vom jeweiligen Ansehen des Radfahrens ab, eine Helmpflicht wird eigentlich überall abgelehnt, und Fahrradförderung kommt besonders der Mobilität von Frauen zugute.

Zum Inhalt: Mit 161 Beiträgen in englischer und französischer Sprache von Autoren aus allen fünf Kontinenten enthält der zur Fahrrad Weltkonferenz Velo Mondiale erschienene Tagungsband auf 575 Seiten mehr als 400 Abbildungen und die weltweit umfassendste Artikelsammlung zum Fahrradverkehr. Velo Mondiale fand mit 625 Teilnehmern aus 32 Ländern vom 13.-17. September 1992 in Montreal in Kanada statt.

Heftig diskutiert wurden die von Referenten und Teilnehmern aus verschiedenen Ländern vorgetragenen Ansichten zum Thema *Fahrradhelm*. Darunter waren Beiträge von Jean Rene Carre (F), Volker Briese (D), Mayer Hillman (GB), Thomas Krag (DK), Diane Thompson (USA) und Warren Salomon (Australien). Seit kurzer Zeit gibt es in Australien und 13 Gemeinden der USA eine "Helmpflicht". Auch wenn der Verkehr nicht sicherer werde, wenn Radfahrer Helme tragen, so die Meinung der Vertreterin der amerikanischen Helmkampagnen, können Helme Kopfverletzungen von Radfahrern reduzieren. Gegner der Helmpflicht verwiesen darauf, daß der Fahrradverkehr *mit Helm* aber unattraktiver werde. In Australien habe der Fahrradverkehr bereits um 20% abgenommen, und die Wirkungen der verringerten Fahrradnutzung seien auch aus gesundheitlicher Sicht weitaus negativer zu bewerten als die positiven Effekte der rückläufigen Kopfverletzungen.

Enorm bewegt war die Diskussion in einem Arbeitskreis zum Thema *Radfahrförderung ist Frauenförderung*. Referentinnen waren Anne Matthew (GB) sowie Uschi Lehner-Lierz und Karin Schrödl vom ADFC-Frauenforum. Die gesamte Frauenbewegung erlebt in den USA einen starken Gegenwind. Dort, wie auch in Afrika, sind Radfahrer überwiegend Männer. Deshalb waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die von den Europäerinnen vorgestellten frauenspezifischen Seiten des Radfahrens verblüfft und überrascht. Obwohl die Fahrradnutzung bei Frauen in Deutschland seit 1976 um 65% zugenommen hat (Männer +36%) und inzwischen mehr Radfahrten von Frauen unternommen werden als von Männern, werden frauenspezifische Anforderungen, z.B. an die soziale Sicherheit von Radwegen ("Vermeidung von Angsträumen) oder Angebote zum Transport von Kindern und Gepäck weithin übersehen oder nachrangig behandelt.

In einem Arbeitskreis zum Thema "Integration oder Separation" mit Ryan Snyder (USA), Oskar Balsiger (CH), Marcello Mamoli (I) und Tom Goodefroij (NL) wurde die *Radwegefrage* kaum kontrovers diskutiert. Radwege führen vor allem an Einfahrten und Knotenpunkten zu Verkehrskonflikten. Wie ideale Knotenpunktlösungen für den Radverkehr aussehen müßten, ist jedoch noch nirgendwo bekannt. Im internationalen Vergleich schlechte Beispiele wurden an Radwegen aus Deutschland illustriert. Einigkeit bestand darin, daß solche falsch liegenden, zu schmalen oder unzureichend abgegrenzten Radwege nicht generell gegen das *Prinzip Radweg* sprechen und der Radverkehr stattdessen immer in den Verkehr auf der allgemeinen Fahrbahn integriert werden sollte. Denn auch im übrigen Straßenverkehr sind radverkehrsfreundliche Lösungen notwendig, die die Fahrdynamik des Radverkehrs, die Anordnung des Parkens und Dichte und Geschwindigkeitsniveau des Autoverkehrs berücksichtigen.

Tagungsband: "The Bicycle: Global Perspectives / Perspectives Mondiales sur le Velo", Tagungsband zur Konferenz Velo Mondiale - Pro Bike - Velo City vom 13.- 17.9.92 in Montreal, Quebec, Kanada. Herausgeber: Robert Boivin / Jean-Francois Pronvost, Velo Quebec, Montreal 1992. ISBN 2-980 1944-5-X.

Bezugsmöglichkeit: Velo Quebec 3575, boul. Saint-Laurent, bureau 310 Montreal (Quebec), Kanada H2X 2T7 Tel. +1-514-847 8356; Fax. +1-514-847 0242. Preis (Ausland) einschließlich Porto und Verpackung 75$ (U.S.).


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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