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ForschungsDienst Fahrrad


FDF 166 - 09.05.1992

PRO VELO 28: THEMENHEFT 'FRAUEN FAHREN FAHRRAD'

Radverkehrsförderung als Frauenthema

Wichtigstes Ergebnis: Nach den Beiträgen eines vom ADFC-Frauenforum gestalteten Pro-Velo-Themenhefts sind frauenspezifische Sichtweisen zum Radfahren häufig unerkannt oder unberücksichtigt. Da sich Frauen überdurchschnittlich am Radverkehr beteiligen, ist Radverkehrsplanung auch ein Frauenthema.

Zum Inhalt: In dem von Ellen Kramschuster vom ADFC-Frauenforum zusammengestellten Pro Velo - Themenheft "Frauen Fahren Fahrrad" dokumentiert Ruth Steinacker mit ihrem Beitrag "Was macht Radfahrerinnen Angst?", daß die Angst vor Gewalt im öffentlichen Raum die Mobilität von Frauen besonders beeinträchtigt. Auf dem Fahrrad fühlen sich Frauen nachts aber offenbar sicherer als zu Fuß oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Frauen selbst fahren offenbar eher sicherer als Männer. Obwohl mehr als die Hälfte der Radfahrten von Frauen unternommen werden - bei steigender Tendenz - stellen Frauen nur 38% aller Unfallbeteiligten und sogar nur 32% der 'Hauptverursacher'.

Heike Wohltmann berichtet in "Mobilität von Frauen", daß Frauen stärker auf den Umweltverbund (Fahrrad, Fuß, öffentlicher Verkehr) angewiesen sind und die Nachteile der 'Auto-Orientierung' der Gesellschaft wesentlich intensiver erfahren. Ihr 'Lebensentwurf' (Arbeitsplatz) wird stärker durch die Mobilität beeinflußt als bei Männern, denn aufgrund von Doppel- und Dreifachbelastung haben Frauen viele 'Pflichtwege' (z.B. Kindergarten, Einkauf, Arbeit), die sie in der geringen verfügbaren Zeit miteinander verknüpfen müssen. Keine Lösung für die 'Emanzipation von Frauen' bietet allerdings das Auto - sowohl wegen seiner Umweltbelastungen wie gesellschaftspolitisch. Frauen mit Auto erleben häufig neue Abhängigkeiten, z.B. als 'Chauffeurin der Familie'.

In "Das frauengerechte Fahrrad" erörtern Ulrike Saade u.a., daß Radfahrerinnen auf den bisherigen Fahrrädern häufig nicht optimal sitzen. Die gesamte Rahmengeometrie, etwa die Länge des (gedachten) Oberrohrs, die Abmessungen von Steuerkopf und Sitzrohrwinkel, aber auch die Lenkerbreite und die Anordnungen der Brems- und Schaltgriffe entsprechen eher dem Körperbau der männlichen Radfahrer.

Weil der Transport ihrer beiden Kinder zur Kindertageßtätte mit allen vier zur Auswahl stehenden Verkehrsmitteln - mit Kinderwagen in Bus oder Straßenbahn, oder auf dem Fahrrad mit zwei Kindersitzen oder den Kindern im Transportanhänger - stets zu Problemen und unzumutbaren Gefahren führt, vermutet Kathi Hackensellner ("Kinderbeförderung in Ost-Berlin"), daß Verkehrsplaner offenbar dem "schwächeren Geschlecht" angehören.

Mit welcher Intensität der Wandel in Ostdeutschland eine Dorfidylle zerstört und autoorientierte Strukturen schafft, zeigt Karin Schrödls "Radfahren, DDR- und BRD-Zeiten im dörflichen Mecklenburg-Vorpommern". Der früher jedes Jahr durch Felder neugebahnte und vielbefahrene Radweg ist nicht mehr da, weil die damals Werktätigen jetzt Auto fahren oder arbeitslos sind, und statt des zentralen Dorfkonsums gibt es einen Supermarkt auf der ehemals grünen Wiese mit 130 Parkplätzen (für Autos).

Themenheft: "FRAUEN FAHREN FAHRRAD". Pro Velo 28 - März 1992. Hrsg. von Burkhard Fleischer, Friedrich Bode, Ellen Kramschuster. Beiträge von Ruth Steinacker, Heike Wohltmann, Ellen Kramschuster, Christa Vogel, Ulrike Saade / Barbara Tödt / Hans Laarmann, Hildegard Kamp, Karin Schrödl, Kathi Hackensellner, Gabi Walter, Karin Hoffman.

Bezugsquelle: Verlag und Vertrieb: Pro Velo, Riethweg 3, W-3100 Celle, Tel. 05141 / 86110. Einzelpreis 7,50 DM (bei Rechnung + 1 DM Versand), Abonnement: 25 DM für 4 Ausgaben auf Konto: Postgiro Essen 16909-431 (BLZ 360 100 43).


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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