ADFC FDF-Archiv

ForschungsDienst Fahrrad


FDF 150 - 21.09.1991

HILTRUD BURWITZ, HENNING KOCH, THOMAS KRÄMER-BADONI: VIER WOCHEN OHNE AUTO

Fahrrad erweist sich als klarste Alternative zum Auto

Wichtigstes Ergebnis: In den Familien, die sich an einem an der Universität Bremen betreuten Pilotprojekt zum Autoverzicht beteiligt hatten, wurden die meisten Fahrten während der Versuchsperiode mit dem Fahrrad zurückgelegt. Vier von sechs Familien entschieden sich nach Ablauf des Experiments, bei dem sie Mobilität bewußt erlebt und reflektiert hatten, dauerhaft aufs Auto zu verzichten.

Zum Inhalt: Auch Haushalte und Familien, die an ein Auto gewöhnt sind, können ihre alltäglichen Problemsituationen lösen, ohne ein eigenes Automobil zu besitzen. In einer Pilotstudie zu den Chancen einer freiwilligen Reduzie-rung des Automobilnutzung im Stadtverkehr wurden am Bremer Universitäts-Institut für Stadt- und Sozialforschung die Erfahrungen von sechs Fami-lien ausgewertet, die sich bereit erklärt hatten, für einen Monat auf ihr Auto zu verzichten.

Die meisten Arbeits-, Einkaufs und Freizeitwege wurden nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern mit dem Fahrrad zurückgelegt. Dies wird damit erklärt, daß das Fahrrad spezifische Qualitäten aufweist, die auch fürs Automobil gelten und einen Autoverzicht erleichtern: Flexibilität, innerstädtische Schnelligkeit und individuelle Verfügbarkeit.

Öffentliche Verkehrsmittel dagegen erwisen sich für diejenigen, die sie selten benutzen, als relativ schwierig und kompliziert. Fehlende Informationen über Fahrzeiten, Linienführungen und Tarife wirken dabei als Nutzungsbarrieren. Außerdem setzt die Inanspruchnahme in der Regel mehr Zeit und die genaue zeiträumliche Planung der eigenen Aktivitäten voraus. Für regelmäßige, längere Fahrten dagegen wurden öffentlichen Verkehrsmittel durchaus in Anspruch genommen, wobei dann deren spezifische Vorzüge zur Geltung kamen.

Die größten Hindernisse gegen einen Autoverzicht im städtischen Alltagsleben waren Großeinkauf und Transporte, unflexible Arbeitszeiten, unzureichendes ÖV-Angebot, besonders am Wochenende und ins Umland, die unzureichende Übersichtlichkeit von Fahrplänen und Tarifsystemen und die unbefriedigende technische Ausstattung der Fahrräder, die mehr Fahrsicherheit, mehr Transportkapazität und höheren Bedienungskomfort insbesondere bei der Anbringung von Packtaschen und Kindersitzen aufweisen sollten.

Die unmittelbare Erfahrung und ihre Verarbeitung durch das Eingangsinterview und das Führen von Tagebüchern haben nach Ansicht der Sozialforscher entscheidend zur Bereitschaft zum Autoverzicht beigetragen. So war das Auto nur in wenigen Situationen notwendig. Außerdem wurde z.B. beim Kauf eines Fahrradanhängers oder im Umgang mit Fahrplänen entdeckt, daß die anderen Fortbewegungsarten z.T. unerwartet positive Möglichkeiten bieten. Vier der sechs am Experiment beteiligten Haushalten verkauften nach dem Experiment ihr Auto.

Untersuchung: "Vier Wochen ohne Auto. Bericht über ein freiwilliges städtisches Abenteuer. Von Hilde Burwitz, Henning Koch, Thomas Krämer-Badoni, Wissenschaftliche Einheit Stadt- und Sozialforschung der Universität Bremen (FB 9). Forschungsprojekt im Auftrag des Institutes für Landeskunde und Stadtentwicklungsforschung, Dortmund.

Anschriften: Prof. Dr. Thomas Krämer-Badoni, Universität Bremen FB9, Postfach 330440, 2800 Bremen 33, Tel. 0421/218-2295.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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