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ForschungsDienst Fahrrad


FDF 133 - 25.01.1991

BUNDESANSTALT FÜR STRASSENWESEN (Hrsg.): FORSCHUNGSVORHABEN "FLÄCHENHAFTE VERKEHRSBERUHIGUNG"

Radfahrerimage nach "flächenhafter Verkehrsberuhigung" verbessert

Wichtigstes Ergebnis: Auswertungen der im Bundes-Modellvorhaben "Flächenhafte Verkehrsberuhigung" in sechs Städten untersuchten Gebiete zeigen positive Effekte der Verkehrsberuhigung: Handel und Gewerbe in den verkehrsberuhigten Bereichen profitieren, das Verkehrsklima verbessert sich, weniger Lärm, niedrigere Geschwindigkeiten und ein besseres ökologisches Klima entstehen. Gleichzeitig verbessert sich auch das Image der Radfahrer.

Zum Inhalt: Mit dem gemeinsamen Forschungsvorhaben "Flächenhafte Verkehrsberuhigung" der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (BFLR), der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und des Umweltbundesamtes (UBA) wurden in sechs Städten der Bundesrepublik Deutschland Maßnahmen zur flächenhaften Verkehrsberuhigung eingeführt und auf städtebauliche, verkehrliche und umweltentlastende Wirkungen untersucht. Überwiegend positive Ergebnisse, u.a. aus Esslingen, Mainz-Bretzenheim und Ingolstadt, wurden in Beiträgen auf einem Kolloquium im Mai 1990 in Ingolstadt vorgestellt.

Übereinstimmende Zählungen belegen, so Stefan Krause von der Bundesanstalt für Straßenwesen, daß der Radverkehr in allen Modellgebieten zugenommen hat. Die Kfz-Geschwindigkeiten sind eindeutig zurückgegangen, wobei der Rückgang umso stärker ist, je höher die Ausgangsgeschwindigkeit und der Umgestaltungsgrad der Straßen war. Die Verkehrssicherheit hat sich bezüglich der registrierten Personenschäden (nicht jedoch der Sachschäden) durch Umgestaltungsmaßnahmen erhöht.

Deutlich hat sich das Verkehrsklima und damit das Image der Verkehrsteilnehmer verändert: Während in Esslingen vorher fast die Hälfte der Radfahrer als "rücksichtslos" galt, war es nach der Verkehrsberuhigung noch ein Viertel; das Image der Autofahrer hat sich demgegenüber verschlechtert.

Nach Dieter Kanzlerski von der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung zeigen die Erkenntnisse, daß auch Handel und Gewerbe von den Verkehrsberuhigungsmaßnahmen eindeutig profitieren: Stichprobenbefragungen bei Betrieben im Modellgebiet und in Vergleichsgebieten haben ergeben, daß sich die Umsätze in den betroffenen Gebieten seit Beginn der Verkehrsberuhigung positiver entwickelt haben. Dabei weisen die Gemeinden Borgentreich und Buxtehude, die die umfassendste, am ehesten flächenhaften Verkehrsberuhigung haben, die günstigsten Umsatzentwicklungen auf. Auch die Investitionsbereitschaft der Betriebe ist nach der Verkehrsberuhigung signifikant gestiegen.

Befragungen zu den Einschätzungen der Bewohner durch Erhard Erl / Gerhard Winter in Esslingen und Werner Brög / Gerhard Winter in Ingolstadt zeigen, daß die Kfz-Geschwindigkeit nach der Verkehrsberuhigung häufiger als zu hoch, das Unfallrisiko aber tendenziell geringer eingestuft wird als vorher. Begrüßt werden insbesondere die günstigen Auswirkungen auf die Fußgänger und das attraktivere Erscheinungsbild des Straßenraums. Kritischer dagegen werden die Bedingungen für Radfahrer eingeschätzt.

In Ingolstadt hat sich auch insgesamt die Kritik am Kfz-Verkehr und dessen Folgeerscheinungen erhöht, und es besteht der Wunsch nach weiteren verkehrsberuhigenden Maßnahmen. Fast 90% der Befragten sind der Meinung, daß es trotz Verkehrsberuhigung zu viel Autoverkehr gibt. 76% kritisieren die zu hohe Kfz-Geschwindigkeit. Auch aus der Bewertung der Infrastruktur für die nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer läßt sich der Wunsch nach weiterer Verkehrsberuhigung ableiten.

Beiträge von Ekkehard Holzmann / Martin Schroth (Esslingen), Ekkehard Holzmann / Werner Ritter (Mainz-Bretzenheim) und Martin Heisig (Ingolstadt) belegen positive Umwelteffekte. Zwar ergeben sich nur geringe Minderungen des Verkehrslärms, aber vor allem durch Baumpflanzungen und Entsiegelung von Flächen deutlich verbesserte ökologische Verhältnisse.

Tagungsband: "Forschungsvorhaben 'Flächenhafte Verkehrsberuhigung', 5. Kolloquium, Ergebnisse aus den Modellgebieten und Erfahrungen anderer Städte" vom 16./17.5.1990 in Ingolstadt. 470 S. Hrsg. Bundesanstalt für Straßenwesen, Brüderstr. 53, W-5060 Bergisch Gladbach 1, Tel. 02204/43-464; Fax. 02204/43-832.

Anschriften: Dr. Stefan Krause, Bundesanstalt für Straßenwesen, Brüderstr. 53, 5060 Bergisch Gladbach 1, Tel. 02204/43-0; Dr. Dieter Kanzlerski, Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung, Am Michaelshof 8, 5300 Bonn 2, Tel. 0228/826-310; Erhard Erl / Gerhard Winter / Werner Brög, Socialdata GmbH, Hans-Grässel-Weg 1, 8000 München 70, Tel. 089/7108-220; Ekkehard Holzmann / Martin Schroth / Werner Ritter, Dorsch Consult Ingenieurgesellschaft mbH, München, Hansastr. 20, 8000 München 21, Tel. 089/5797-0; Martin Heisig, Freie Planungsgruppe Berlin, Kurfürstendamm 62, 1000 Berlin 15, Tel. 030/883 9011.


Der Forschungsdienst Fahrrad des ADFC berichtete bis 1999 14-tägig über Verkehrswissenschaft und Fahrradpolitik. Vielen Dank an die Herausgeber Tilman Bracher und Mattias Doffing und an Elmar Steinbach, der die FDFs ins Internet gebracht hat.

Seit Mitte 1999 ist der Forschungsdienst Fahrrad eingestellt. Er wurde durch den Bicycle Research Report ersetzt, der beim ECF (www.ecf.com) abonniert werden kann. werden kann. European Cyclists' Federation ECF - Rue de Londres 15 (b. 3) - B-1050 Brussels - Phone: +32-2-512 98 27 - Fax: +32-2-511 52 24, e-mail: office@ecf.com


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