Schnell vergingen die Monate und plötzlich zeigte mir der Kalender: Es ist Samstag der 5. September 1998 - Anreisetag zur Tandemwoche 1998!
Ausgehend von unserer herrlichen Unterkunft, dem Jugendgästehaus Aasee, starteten das Feld tagsdarauf zur ersten Etappe: In gemütlichem Tempo rollten wir über ruhige Wirtschafts- und Radwanderwege zunächst nach Rinkerode, unserem südlichsten Punkt. Hier drehten wir einen kleinen Bogen und radelten entlang des Flüßchens Werse wieder nach Norden. Beim anschließenden Grillfest am Nachmittag auf dem Gelände des Blindenwassersportvereins Münster, zu dem uns die OG Münster des BSVW eingeladen hatte, konnte jeder nach Herzenslust klönen, über Tandems fachsimpeln oder auf der Werse rudern. |
Der Montag begann mit einer interessanten und blindengerechten Stadtführung. Frau OB Tüns, Schirmherrin der Tandemwoche, übernahm freundlicherweise die Finanzierung der beiden Gästeführerinnen, die uns sehr anschaulich die Gebäude und die Geschichte der Altstadt erklärten. Nachmittags umrundeten wir großzügig die Stadt. Besonderen Eindruck haben dabei sicherlich bei allen das Vogelschutzgebiet und Europareservat "Die Rieselfelder" hinterlassen: Entlang der Streckenführung, der sogenannten 100-Schlösser-Route, radelten wir durch Brachgelände und Maisfelder, als plötzlich der Weg endete und wir vor einer aufgewühlten Schotterpiste standen. Nur wenige Tage vorher hatte ich doch diese Strecke noch abgefahren! Solch' eine Situation hatte ich vorher nur alptraumhaft befürchtet. Gerade war ich am Überlegen, daß wir zurück und einen Umweg nehmen müssen, als die Fröhlichkeit der Teilnehmer mich mitriß: Irgendwie geht es immer weiter..... Nach gut 1000 m war der Weg dann aber wahrhaftig zu Ende, Bagger hatten einen rund 2 m hohen Erdwall aufgeschüttet, der uns von einer Straße trennte. So mußten alle Tandems über den Hügel getragen oder geschoben werden, für Blinde sicher kein leichtes Unterfangen! Aber diese "Panne" wie auch alle weiteren Baustellen und Umleitungen, die uns in der Woche überraschten, bedeuteten für mich spontane Streckenänderungen und die ständige Angst vor weiteren "Überraschungen". |
Die "Rolinck-Runde" führte uns am Dienstag zur gleichnamigen Privatbrauerei ins 40 km entfernte Steinfurt. Dafür mußten wir besonders früh aufstehen, sollte die Führung doch schon um 10:00 Uhr beginnen. In kürzester Zeit und fast pannenfrei erreichten wir pünktlich unser Ziel. Zwei Mitarbeiterinnen begrüßten uns sehr herzlich. Per Videoclip wurde uns zunächst die Geschichte des traditionsreichen Familienbetriebes erläutert bevor wir dann auf dem Rundgang durch Sudhaus und Abfüllanlage den gesamten Herstellungsprozeß erlebten. Natürlich mußten wir den kostbaren Gerstensaft auch probieren! In der betriebseigenen Bar gab es später das leckere Rolinck-Friedensreiter Bräu frischgezapft mit warmen Laugengebäck, so waren wir für den Rückweg wieder gestärkt. |
Die Westdeutsche Blindenhörbücherei war am Donnerstagmorgen unser letztes Besichtigungsziel. Hier werden verschiedene Bücher und Zeitschriften in schalldichten Räumen von speziell ausgebildeten Leuten auf Cassetten gesprochen. Das Prinzip ist wie in jeder Bücherei, meterlange Regale sind bis unter die Decke mit den Tonträgern gefüllt, die bundesweit nach Vorbestellung verschickt werden. Nach der Führung verließen wir die Stadt Richtung Süden. In Senden sollte in einem Gasthaus ein kurzer Mittagsstop sein, der sich aber trotz Voranmeldung unserer Gruppe durch Personalmangel in der Küche auf mehrere Stunden hinauszog. Schade, der Hinweis "Radler willkommen" über der Tür bezieht sich wohl nicht auf Gruppen, die nur eine kurze Pause machen möchten! So hatten wir an diesem Tag nicht viel von dem herrlichen Sonnenschein. Anschließend, wie auch am Freitag, erlebten wir noch einmal das herrliche und radlerfreundlich flache Münsterland, bevor am Samstag die "Bergwertung" in den nahegelegenen Baumbergen trotz strömenden Regens von allen Teams erfolgreich absolviert wurde.
Stetiger Begleiter während der gesamten Woche war der Pannenteufel, den aber unser Serviceteam Kay Browatzki von 1-2-3-Rad in Münster und Peter de Leuw mit seinem großem Einsatz sowie alle Teilnehmer mit ihrer guten Stimmung immer wieder für eine Weile vertreiben konnten. |
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